Datum/Zeit
Fr., 26. Mai 2023
19:30
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Veranstaltungsort
MLb Milchstraße 4 München
Norbert Wollschläger liest aus WETTERLEUCHTEN – Das Jahrzehnt der verspielten Freiheit.
Ein Leseabend in Erinnerung an die Bücherverbrennungen im Mai 1933.
Ihre Namen werden oft im gleichen Atemzug genannt: Erich Kästner und der neun Jahre ältere Kurt Tucholsky. Sie schätzen einander, publizieren in denselben Zeitungen und konkurrieren um Textlänge und Satzbreite. Beide erleben das Ende des Kaiserreiches, den Aufbruch in die Moderne und vierzehn missglückte Jahre Demokratie, von Weimar bis Adolf Hitler und in den Untergang.
Doch bleiben sie sich stets fern, so als wollte einer dem anderen aus dem Weg gehen. Spielte ihnen nicht der Zufall einen Streich, wären sie sich wohl niemals persönlich begegnet. Ohne sich abgesprochen zu haben, verbringen sie im August 1930 ihren Urlaub in demselben Schweizer Luxushotel am Lago Maggiore.
Ihre Ferientage stehen unter keinem guten Stern. Das Hotel liegt nur wenige hundert Meter entfernt von der Grenze nach Italien, wo seit Jahren der Faschismus wütet. Bald täglich finden im Tessin Schießereien, Grenzübertritte und Aktionen italienischer Antifaschisten statt.
In Deutschland stehen Reichstagswahlen bevor. Die Nationalsozialisten werden ihre Mandate verdreifachen. Auf den Straßen wird laut nach dem Diktator gerufen. Offener Antisemitismus tritt bereits überall zutage. Das Land schliddert einer faschistischen Gewaltherrschaft entgegen.
Im Speisesaal des Grand Hôtel Brissago sorgen neue Gäste für Aufmerksamkeit. Stühle werden gerückt, Tische umgestellt. Vier der bekanntesten deutschen Schriftsteller sitzen zusammen und beraten, ob und wie die nahende Katastrophe noch aufzuhalten sei. Einer von ihnen ahnt, dass ihre Bücher in Deutschland bald öffentlich verbrannt werden.
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In einer “Aktion wider den undeutschen Geist“, werden am Abend des 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz und an 18 weiteren deutschen Universitätsstandorten, Tausende Bücher und Schriften von jüdischen und anderen verfemten AutorInnen öffentlich verbrannt. Unter ihnen die Werke von Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Emil Ludwig und Erich Maria Remarque.