Der Autor trug wie angekündigt, zunächst aus seinen Romanen „Abirrung“, eine Geschichte aus dem Jahre 1977 vor. Die ausgewählte Szene spielte an den Ufern der Isar, die Örtlichkeit wurde „gespaltenes Paradies“ genannt, und handelte von einem Geschlechtsakt zwischen Raymund und einer Miriam. Wie gewohnt bei diesem Autor war die Erzählperspektive die eines allwissenden Erzählers, der auch von den inneren, abschweifenden Gedanken des Protagonisten, der eben den Namen Raimund trug (aber immer in der dritten Person als „er“ im Text erschien), zu erzählen wusste. Die Darstellung wechselte deswegen zwischen äußeren Begebenheiten und innerer Gedankenflüssen hin und her. Bisweilen fanden sich im ansonsten nicht dramatischen und nicht sehr abwechslungsreichen Sprachduktus einzelne herausstechende Formulierungen wie z.B. „das fließend Widerstand leistende Wasser“ (der Isar). Immer garantierte die Sprache Distanz, z.B. durch den stetig verwendeten Begriff „Männlichkeit“ („bisweilen zur Schwäche neigende Männlichkeit“) für das Geschlechtsorgan des Protagonisten. Konsequent unterhielten sich die geschilderten Personen auch ausschließlich in der indirekten Rede.
In der Diskussion sprach der Autor u.a. von gewollter Selbstdistanzierung und bewertete seine Texte – nach Ansicht des Berichterstatters doch unberechtigt – als im Stil von Schulaufsätzen geschrieben.
Die geschilderte Distanzierung fehlte bei den beiden dann vorgetragenen Gedichten über die Geliebte Bea, weil hier ein „Ich“ erschien, von dem aus die subjektiv-gefühlsbetonten Beschreibungen der Angebeteten ausgingen.
Im weiteren vorgetragenen Prosatext überwogen essayistische Elemente über Hochmut, Eitelkeit, allgemeine Behauptungen über „Normopathen“, soziale Ungleichheit und sonstigen Ungerechtigkeiten. Erzählt wurde auf Bitten des Moderators dann die Situation, in der der Protagonist seine Bea seinerzeit kennenlernte, um vielleicht auf diese Weise zu erfahren, worin denn nun der besondere Reiz dieser Mädchen-Frau lag. Geschildert wurden Äußerlichkeiten, die Personen waren da aber auch erst 13 und 15 Jahre alt.
Nach der Pause las der Autor aus seinem Roman „Lange Haare“ einige Szenen vor, in denen es erneut im schon bekannten Sprachduktus um spießige Eltern, der gefürchteten Unfreiheit, wenn ein Beruf ergriffen würde, und versuchten Mädchenannäherungen ging. Dabei wurde auch dargestellt die interessanten Bemühungen um strengste Empfängnisverhütung, weil Raimund fürchtete, mit einem Kind wollten die Frauen ihn an sich binden. In diesem Part überzeugte die ausgeprägt geschilderte Selbstreflexionsfähigkeit des Protagonisten, der seine Bindungsangst und sein Phlegma erkannte und dabei berichtete, dass er tagelang im Bett liegen blieb. Für dieses eigene Verhalten fand der Autor das äußerst schöne Wort „Oblomoverei“, in Anlehnung an den bekannten russischen Bettlieger Oblomov.
Die Diskussionsbereitschaft des Publikums blieb eingeschränkt. Am Ende lauten Beifall für den Autor.
Abendbericht und Foto: Uli Schäfer-Newiger