Erinnern und Erzählen. Sich erinnern, darüber erzählen und der Nachwelt die Geschichte wahrheitsgemäß erhalten. Franz Ritter hat Zeitzeugen zu Wort kommen lassen.
Im fiktiven Ort Herrenweiler in dem Felix Winter, der Erzähler, an das Unaussprechbare, die schwer zu ertragenden Lebensgeschichten von Juden in diesem Ort, der überall in Deutschland sein kann, an die Shoa erinnert. Auch Jahrzehnte nach dem Holocaust gibt es zum Völkermord immer noch Lügen, Schweigegebote, wie „ verschollen/ausgesiedelt“ wenn es um das plötzliche Verschwinden von ehemaligen jüdischen Nachbarn ging. Bis in die 70er und 80er Jahre wurde und wird jetzt wieder, die Kriegs- und NS-Vergangenheit der Väter und Mütter entweder verschwiegen oder relativiert. „Ein Fliegenschiss der deutschen Geschichte“ eben, wie einer der jetzigen im Bundestag sitzenden Nazis meint. Felix Winter sprach mit „nur beobachtenden“ deutschen Zeitzeugen, aber auch mit Opfern und Nachkommen der Opfer. Er fragte sich, wer eigentlich das Recht habe, diese Geschichten zu erzählen? Ganz sicher nicht die zahlreichen Mitglieder und Mitläufer der Nazibewegung. Wo die Erinnerungen und Zeitzeugen nicht ausreichten, um ein umfassendes Bild über „die deutsche Bewegung“ anzufertigen, recherchierte Winter an den Tatorten, in den Gerichtsakten zu Kriegsverbrecherprozessen und in Filmmaterial. Von den Nürnberger Prozessen („Nicht schuldig!“), über die Ausschwitzprozesse, den Eichmannprozess, den Studentenprotesten, dem Kniefall Willy Brandts in Polen und der „Befreiungsrede“ Richard von Weizsäckers spannt sich der Erzählbogen. Verschiedene Erzählperspektiven ergeben „neue“ Bilder und bewegende Momente. Und heute: Alt- und Neonazis erobern die Parlamente. Man lese das Buch von Felix Winter „Die Schafe im Wolfspelz“/Reimo Verlag, Oberding. Danach kann niemand mehr sagen, er habe es nicht gewußt, oder nicht kommen sehen. Ein denkwürdiger Abend im MLb! Vielen Dank Franz Ritter, kommen Sie gerne wieder! Herrenweiler ist nicht nur fiktiv.
Abendbericht und Foto: Beppo Rohrhofer