Innere und äußere Dämonen – Abendbericht vom 16. Mai 2025

Zu dem Themenabend vom 16. Mai 2025 hatte sich acht Autorinnen und Autoren eingefunden, von denen sieben ihre Texte zum Thema „Dämonen“ vortragen konnten.

Den Anfang machte Alexandra Habermaier mit „Pechmarie“. Die Protagonistin sitzt zusammen mit ihrem alkoholkranken Ehemann im Wartezimmer einer Psychiatriepraxis und dort einem Mann gegenüber, dem die Behauptung seiner Ehefrau, er habe die gemeinsamen Kinder sexuell missbraucht, wie Pech anhaftet. Nachdem der Psychiater sich weigert, den Ehemann der Protagonistin wegen dessen Alkoholsucht zu behandeln, da es an der entsprechenden Motivation fehlt, sieht die Protagonistin den anderen Mann schließlich zusammen mit einer jungen Frau Rad fahren. Das Publikum fand den Text überwiegend schlüssig, sah aber teilweise ein größeres Potenzial in der Geschichte als realisiert und auch gewisse Widersprüche und Ungleichgewichte.

Im Text von Ulrich Braun „Here is my heart“  besucht Christoph seine Freundin Anja, findet sie aber nicht bei ihrer Familie vor, ihr Vater verhält sich abweisend und meint nur, sie sei in ein Kino gegangen, er wisse nicht in welches. Christoph sucht Anja in einem Kino, findet sie nicht und gerät in einem Abstellraum, wo er aber den Film in einem Spiegel sehen kann, dessen Handlung sich um eine dämonische Figur und eine Frau dreht. Die Zuhörer lobten überwiegend die Geschichte als spannend und richtig gut gelungen.

In „Samstagsgrüße“ von Franziska Hielscher versucht die Protagonistin Nette in Ostwestfalen ein Familiengeheimnis zu lüften und etwas über einem älteren Bruder, möglicherweise eine Totgeburt und Gegenstand eines wiederkehrenden Albtraums bei Nette, die dann in einer Bar auf einen blauäugigen Martin trifft,  herauszubekommen. Ihre Mutter will aber nichts sagen. Das Publikum fand den Text langsam und präzis erzählt und in sich stimmig.

Vor dem tatsächlichen Hintergrund eines auf einem jüdischen Friedhof zusammen mit Gedenktafeln aufgestellten, vorher von einem Bildhauer bearbeiteten Steines, der dann plötzlich verschwunden war, erwies sich der Text „Stein“ von Andreas Wiehl als eine dichte Reflexion über diesen fehlenden Stein beziehungsweise Stein an sich, über das verhasste Schweigen des Steines, darüber, das auch wir wie Steines in einem Land ohne Schaden sind und weiteres. Das Publikum lobte den Text als wirkmächtig dicht mit perfekten Rhythmus und sah den Stein auch als Metapher für einen Sündenbock.

Tania Rupel Teras Geschichte „Die Aufklärung“ führte die Zuhörer in das Bulgarien der späten 1970-er Jahre. Die Protagonistin, ein Mädchen, das die dritte Grundschulklasse besucht, muss bei einer Familienfeier miterleben, wie ihr Onkel seinen Sohn brutal verprügelt, was sie aufwühlt. Sie verlässt die Feier mit einer alten Nachbarin, die das Mädchen beim Essen von weißen Kirschen darüber aufklärt, dass manche Menschen Dämonen in sich tragen und es nicht nur Engel, sondern auch Dämonen gibt. Das Publikum zeigte sich von dem Text beeindruckt.

Günter Mitschke präsentierte zum Gefallen der Zuhörer sodann eine Reihe Kurztexten wie „In Memoriam“ „Intimitäten“ „Vettels Albtraum“ und „Trautonia Traum“ über Zerrspiegel, verzerrte Wahrnehmungen und auch sonst allerlei Schräges.

Zum Abschluss hörte das Publikum die Geschichte „Cahier 96 pages“ von Petra Lang über einen Geist, der in einem alten Baum wohnt und in Paris eine Liebesgeschichte zwischen Luna und ihrem früheren Geliebten Viktor wieder in Gang bringen will, beide treffen sich auch in einem Café, werden dort aber Opfer einer in das Straßencafé hinein rasenden Kawasaki, Lunas Heft mit 96 Seiten landet wie das Handy auf der Straße.

Abendbericht: Rainer Kegel