Nur wenige Zuhörer fanden an diesem letzten, schönen Maiabend ins MLb zu Jörg Schön, der aus seinem 80seitigen Text „Nullsummenspiel“ Szenen und Finale vorlas. Da die Erzählung sich weitgehend in Knast-Dialogen ihrem Ende entgegen schraubt, war es für den Autor schwer, die verschiedenen Sprecher stimmlich hervorzuheben.
Thematisch ging es hochliterarisch zur Sache, im Knast. Zufällig sitzen ein Lyriker und ein Geisteswissenschaftler in derselben Zelle, um Expressionismus, dessen französische Wurzeln, Brechts Mangel an Tiefe und Benns Mangel an Rhythmus zu diskutieren, während der Lyriker gleichzeitig den Putzlumpen schwingt und den Dreck aus den Ecken kratzt. Der Literat doziert.
Das Publikum bemängelte, dass der Autor allzu deutlich belehren will und (das ist die Crux manch eines Dichters) alles besser weiß. Jemand fragte, vielleicht zu Recht, ob der „Gag“, wonach der Lyriker „wegen schlechter Gedichte“ in U-Haft sitzt, wirklich über 80 Seiten trägt. Man erinnerte an Kafkas „Prozess“, an Frischs „Stiller“. Dennoch, bei allem Einwand ein origineller Plot, den die Mehrheit durchaus mit Beifall bedachte und als Anlass zu anregenden Gesprächen aufgriff.