Einen guten Schluck südindischer Magie brachte der erste Autor des Abends, Krisha Kops in diese Zoomveranstaltung, die von mehr als 20 sehr aktiven Besuchern geteilt wurde. Zunächst erzählte er vom Uropa Shridar und seinen 4 schönen Töchtern und den Hochzeiten unter dem Banyanbaum, der dem ganzen Roman seinen Namen leiht. Das Publikum tippt schnell auf „Magischen Realismus“ und der Autor gibt ihm Recht. Der Ficus Benghalensis treibt üppig Luftwurzeln, und so greift auch der Plot des Romans herüber nach Westeuropa und in das Ende des Zweiten Weltkriegs, wo sich Mütter unter Leiterwagen vor Tieffliegern ducken und die Seelen der Krieger unsterblich sind. Selbst Hitler, Gott Krishna und das unerbittliche Karma, das den Krieger Bodo nicht aus dem Griff lässt, wurden vom Publikum angesichts der sprachlichen Raffinesse und der Dynamik des Vortrags akzeptiert, man darf auf den Roman gespannt sein!
Relativ nüchtern dagegen entführte uns der zweite Abend-Autor, Christian Engel in den Frankfurter Regen mit aufgeweichten Umzugskartons, zertrümmertem Unterkiefer und einer ausschweifenden Abiturfeier. Auch er nimmt Anleihen beim Mythos, zitiert Ovid herbei und nennt seinen Beifahrer „Homer“, der an den „Volumes“ seines Autoradios dreht. Die Metamorphosen des erzählenden Ichs haben durchaus ihren Reiz für das gebannte Publikum, die Verknüpfung von altbekannter Abiturszenerie, wackligem Opel-Corsa und einem Schuss Mythos findet reiche Zustimmung – man wünscht auch dem Roman mit dem Titel „Sagen“ vollen Erfolg und hofft, die Autoren kehren demnächst zurück ins voll besetzte Münchner Literaturbüro mit ihren frisch edierten Romanen und anständigen Auflagen!
Abendbericht von wolfram hirche