Mit dem Text in der Tasche – Abendbericht vom 4. Juli 2025

Abbrechen? Ausfallen lassen? Nicht den Abend. Aber der Wettstreit um den Abendsieger für den Haidhauser Werkstattpreis musste entfallen, da sich nicht genügend Autorinnen und Autoren gemeldet hatten. Dass es dennoch ein schöner 2206ter Abend wurde, lag an Guiseppe Tistera, Katja Döhm, Peter Asmodai und Christine Hoffmann. Spontan zückten sie Texte aus ihren Taschen – ein Glück, dass Autorin/Autor immer gut bestückt ist – und entführten das Publikum in einen bunten Abend unterschiedlicher literarischer Welten.

Guiseppe Tistera wies den Zeugen Jehovas eine Fehlrechnung bei der Rückkehr Jesu nach und fragte, was, wenn eben dieser selbst ein Zeuge gewesen wäre.

Katja Döhm erzählte von Marie, in kurzen, prägnanten Sätzen; ein subtiler Text, in dem „ER“ die Hauptrolle spielte, er, der viele Briefe geschrieben hat, bei dem immer die Hunde bellen, der der Weihnachtsmann ist – oder doch etwas ganz anderes?

Peter Asmodai entführte in die Blue Night und ließ seinen Helden in Ruhe seine „Beute“ suchen, nicht im Internet, sondern live, in der Bar, von Mann zu Frau, wo es Mut braucht im blassblauen Licht, und überhaupt, wann hatte der Held seinen letzten Höhenflug? Eine gelungene Rückbesinnung auf den freien Geist der Popliteratur.

Den Abschluss bildete Christine Hoffmann mit gradlinigen Gedichten, die fragten: Bist du, bin ich schon etwas, oder halb, oder ganz … und in „Noch Demokratie“ die mit IPhones gefüllten Schultüten beklagte, oder in „Wisst ihr nicht“ unverblümt zu mehr Verantwortung aufrief sowie in „Quantensprung“ die Diktatoren vom Thron fegte.

Ausfallen lassen? Zum Glück nicht. So gab es zwar keinen Monatssieger, aber trotzdem ein zufriedenes Publikum dank gut aufgelegter Autorinnen und Autoren.

Abendbericht: Franz Westner