Der Münchner Autor Hans-Karl Fischer stellte an diesem Abend vor dem Publikum des Münchner Literaturbüros einige Kapitel aus seinem Roman-Entwurf mit dem Arbeitstitel „Gewalt” zur Diskussion. Der Text verhandelt autobiographische Erlebnisse des 16- 17 jährigen Schülers in einem Niederbayerischen Internat in den 70er Jahren.
Dabei schildert der Autor plastisch das Internatsleben, bei dem es in diesen Kapiteln vor allem um Auseinandersetzungen zwischen den jungen Burschen geht und weniger um den Kampf mit den „Patres”: Freundschaft, Rivalität, Brutalität – und echte philosophische Fragen. Die feinen Mechanismen der inneren Abgrenzung, des Versteckens und der Tarnung des Einzelnen gegenüber den „Anderen” kommen ausführlich zur Sprache. Immer wieder versteht es der Autor, köstliche Sprach – Bonbons in den Text zu streuen, die den Leser aufhorchen lassen.
Höhepunkt der Grausamkeiten: Das „Aufsaugen” des Speichels ( bayerisch „Lungenharing”) eines Mitschülers vom Erdboden, das paradoxerweise den Leckenden nicht als Speichellecker sondern als Helden dastehen lässt. Die erlesenen Momente des Gebets im Klostergarten schienen aber dem Publikum noch mehr gelungen. Der Text vergleicht das Internat mit einem „Hohlen Baum”. Der Kampf um Geld, Haarlänge, Tanzpartnerinnen, Rang und Macht – dies alles spielt eine Rolle. Dem Autor kommt es aber auch auf Thesen an, wie etwa die mehrfachen pädagogischen Umwälzungen des autoritären Kloster- Stils in den 70er Jahren oder die innere „Bezugslosigkeit“ seiner Hauptfigur. Die Zuhörer verlangten dagegen eher Spannungsbogen, plastische Details und Dialoge – ein typischer Arbeitsabend im MLb, wie er sonst nirgendwo in der Stadt geboten wird.
Bericht von Wolfram Hirche