Revolution aus dem Geist der romantischen Märchenwelt – Lesung vom 31.1.2020

Am 30.1. stellte die Autorin Sarah Rosal ihren Roman „Aschenputtel macht sich auf die Socken“ vor. Wer hier auf konkrete Anbindung an eine Märchenwelt setzte, lag richtig. Wer auf einen modernen Entwicklungsroman aus weiblicher Sicht setzte, lag falsch. Denn hier blieb die stilistische wie strukturelle Anbindung an das Märchen spürbar. Darauf einigte sich das Publikum bereits nach den ersten Textpassagen, die einen „Prolog“ enthielten, in dem erzählt wurde, wie Aschenputtel ihren Vater bei einer Jagd verlor, und in reichhaltigen, verknüpften Bildern von ihrer Naturverbundenheit, aber auch von der Stiefmutter und deren Töchtern zu erfahren war. Also das grimmsche Vorbild lies grüßen.

In der Passage „Entlang der Nabelschnur der Welt“ fand sich das Publikum mehrheitlich an eine spirituell-esoterische Welt erinnert, da hier ausgiebig – nach Meinung einiger zu lange – über eine bunte, strahlende Doppelhelix gesprochen wurde, die auf die Verbundenheit mit der Welt an sich verwies und das Ausgespuckt werden Aschenputtels erinnerte an den Mutterleib, den sie verlassen musste und das Verlieren der Mutter als kleines Kind.

In weiteren Textteilen, aus dem momentan ca. 300 Seiten langen Manuskript, zeigte sich dann ein neuer Aspekt, denn hier trat der junge König Maximilian auf, der versucht, die Lebensbedingungen seines Landvolkes zu verbessern. Sein endlicher Lösungsplan, das Geld abzuschaffen und in einem Arbeitskollektiv jeden das tun zu lassen, was er gerne oder am besten kann, löste die interessiertesten Diskussionen aus. Allerdings war es nicht die Intension der Autorin, hier eine frühkommunistische Ideenwelt einzubinden. Wie dies alles nun stilistisch und textökonomisch zu bewerkstelligen sei, stellte die auch in der Pause weiterhin interessiert laufende Diskussion über diese Thematik fast in den Schatten.

Auch in der Pause gingen die Diskussionen weiter.
Auch in der Pause gingen die Diskussionen weiter.

Man fühlte sich zum Teil an Leonce und Lena erinnert, da die Autorin als mögliche Zeit die Romanhandlung um 1820 angesiedelt sehen möchte, auch wenn ihr im Kontext der gewählten Märchenmanier die eigentliche Zeitlosigkeit bewusst ist. Auch sucht dieser junge König wie Leonce seine Liebste, hier das nämliche Aschenputtel, die er dann auch findet und mit ihr die utopische Idealwelt per Edikt verwirklicht.

Ob dies nun eine Revolution von „unten“ oder von „oben“ ist, wurde in der abschließenden Diskussion freilich nicht geklärt.

Die Autorin, die extra von den Kanaren anreiste, bedankte sich und konnte einigen Input zur Weiterarbeit mitnehmen.

Bericht von Bea Cavallo