Abendbericht vom 5. September 2025

An diesem Abend im MLb gaben manche AutorInnen nur ihren Vornamen preis, was aber der Qualität ihrer Texte keinen Abbruch tat.

Zunächst überraschte Barbara mit einer detailreichen Erzählung über das „schnelle Geld“ im Rotlichtmillieu am Berliner KuDamm der Siebziger Jahre – genau DM 475 brachte sie von der Nachtschicht in der Salambo-Bar zu ihrer Familie nach Hause – so die Story, die sehr authentisch klang.

Auch Bertram wartete in „Party machen“ mit einem sehr persönlichen Bericht auf, bei dem er kaum eine Münchner Disco der Achtzigerjahre ausließ. Auch die ersten Nachtzüge nach Rom nahm er mit, und den legendären Popclub in der  Lilienstraße – wobei er leider keine echte Story daraus zu gestalten wusste, wie das Publikum monierte.

Ganz anders Stefan Priddy mit seiner Erzählung „Jahresende“, bei der eine Frau im weichen Kaschmir ihre Gefühle für  den alten Mann mit Parkinson-Krankheit im Zug entdeckt und ihre Unfähigkeit, ihm wirklich zu helfen.

Nach der Pause und intensiven Diskussionen stellte Lisa Lipp in ihrer Story die These auf, dass „Philosophen bei Brand nicht zu gebrauchen“ seien – eine hübsche kleine Geschichte über einen Zimmerbrand, ein altes Buch und warum eine tatkräftige „Hünin“ Gefahren des Lebens besser zu meistern weiß als ein alter Bücherwurm. (Ob das „Feuer“ sexuelle Leidenschaft bedeuten sollte, musste offen bleiben) – das Publikum gab Lisa Lipp die zweitmeisten Stimmen!

Als einziger Lyriker des Abends trat Sebastian auf, der meist Gereimtes zum Besten gab, auch über Schmetterlinge und die Liebe oder über die Frage, warum er sich „aus Versehen in dich verirrt“ habe. Mit etwas mehr Zeit als den zehn Minuten des Wettbewerbs wären in dieser Lyrik sicher noch viele Geheimnisse zu entdecken gewesen!

Der letzte Autor, Thomas Wagner, gewann den Abendpreis des Publikums mit seiner Story „Sherry oder Port“, bei der es um einen Wanderer geht, der sich versehentlich über Nacht in eine Kapelle einsperren lässt. Er bedient sich am Messwein und den Oblaten, wird nahezu ein Marienfan und verspricht dem Geistlichen, der ihn am nächsten Morgen befreit, reichlich Portwein als Ersatz – oder auch Sherry.

Abendbericht: Wolfram Hirche
Fotos: Jannette Hofmann