Das Münchner Literaturbüro fördert bekanntlich jede Art guter Literatur, selbst wenn sie in „fremder“ Sprache daherkommt. Die 2014te Lesung war deshalb dem Englischen und der Autorin Esther Pfaff bzw. ihrem Pseudonym Ella Voss gewidmet. Gekonnt und gut verständlich trug sie Kurzgeschichten und einen Romanauszug vor. Da die meisten Zuhörer des Englischen einigermaßen mächtig waren (es gab im Publikum auch einige Englisch-Muttersprachler), bedurfte es der vorbereiteten lexikalischen Hilfe, die an alle Zuhörer verteilt wurde, kaum. Die Moderation fand freilich auf Deutsch statt.
Der zuerst gelesene Text „Shelter“, Teil einer geplanten Kurzgeschichtensammlung, bestach zunächst durch seinen äußeren Rahmen: In den etwa zehn Minuten zwischen zwei vermutlich intensiven sexuellen Handlungen einer Frau mit einem Mann wird ein Fahrradsturz erzählt, auf denkbar kurzweilige und humorvolle Art. Die Schilderung des Alltäglichen kontrastiert reizvoll mit der am Ende des Unfallberichts gestellten „philosophischen“ Frage nach dem Wert solcher Sturzerlebnisse.
Auch in den beiden Texten „From the House of Prompts: The China-Woman“ und „Sugar and Ice“ (eine Familiengeschichte) bewies Ella Voss ihre gute Beobachtungsgabe, den gekonnten Umgang mit Spannung und den effektiven Einsatz von Humor. Sie gebraucht die englischen Sprache routiniert, ohne überflüssige Schnörksel und bedient sich gekonnt der Vorteile des Englischen gegenüber dem Deutschen: der kurzen und pointierten Ausdrucksweise.
Schließlich gewährte sie noch einen Einblick in den Anfang des Jahres erschienenen Roman „Like a Fox to a Swallow“. Auch in diesem Text geht es in erster Linie um familiäre Beziehungen.
Für das MLB unüblich gab es kaum Kritik an den Texten, so dass der Abend streckenweise eher einem Autorengespräch glich. In dessen Rahmen wurde auch die Frage beantwortet, warum eine Autorin mit deutscher Muttersprache sich zum literarischen Ausdruck einer anderen Sprache bedient. Wer die Antwort wissen will, möge auf eine der nächsten Lesungen von Ella Voss gehen.
Abendbericht von Philipp Stoll