Vom Streunen und Spüren – Bericht vom 18.6.2021

An diesem zweiten Liveabend nach dem langen Lockdown  entführte Tiny (Heinrich) Stricker die zahlreichen Zuhörer zunächst in „Griechische Städte“, konkret vor allem nach Thessaloniki.

„Vom Gehen in griechischen Städten“ ist eines von zehn Büchern des weitgereisten Autors, das vor kurzem neu erschienen ist. Stricker plaudert zunächst von seinen wunderbaren Jahren in Manchester (am Goetheinstitut) und dem Kulturschock der Ankunft in Griechenland, liest dann ein paar Kapitel aus seinem Buch und flicht die Story eines „Polizeiüberfalls“ auf offener Straße ein. Er beschreibt, wie der Fußgänger schnell als “Verdächtiger“ gilt, wie eine Katze ihn rettet und wie mühsam das Erlernen der kyrillischen Schrift, der griechischen Sprache ist. Überall streunen Hunde, erklingt der melancholische Rembetiko, diese traurigen Klänge vom Verlust der (kleinasiatischen) Heimat. Hinterher ist man eigesponnen in diese fremde Welt und weiß gar nicht mehr, was war Buch, was frische Plauderei aus der Erinnerung des Autors.

Die U-Bahn-Erfahrungen aus München („U-Bahn-Reiter“) wirken dagegen fast ernüchternd, obwohl auch hier die genauen Beobachtungen der Breakdancer, der vornehmen Ladies oder zarten Mädchen überzeugen. Da werden soziale „Codes“ unter Jugendlichen entschlüsselt ,“Hey Bruder“  und  eine Drehung der Käppies auf dem Kopf signalisieren Zugehörigkeit und grenzen ab gegen die Reichen, die Alten, die Arrivierten, von denen  es  auch in der U-Bahn dieser Stadt wimmelt. Und fast meint man beim Hören dieser Vor-Corona-Stories zu spüren, dass wir Städter durch die Corona-Pandemie uns alle etwas näher gerückt sind hinter unseren Masken und trotz Abstand. Demnächst wird Tiny Stricker nachholen, was an diesem Abend nicht mehr passte: Seine Hippie-Erfahrungen mit persischem Geschmack.

wolfam hirche