Nach dem Absturz – Abendbericht vom 16. Dezember 2022

Wohl wegen der Kälte fanden nur recht wenige Zuhörer am 16.12.2022 den Weg ins MLb wo Christian Dörr aus seinem kürzlich erschienenen dritten Gedichtband „Bellerophon“ einen neunteiligen Gedichtzyklus sowie neuere Gedichte vortrug.

Der Texte des Bellerophon-Zyklus beginnen da, wo der Mythos bei Homer und Hesiod endet, nach dem Sturz des Helden von seinem geflügelten Pferd Pegasos bei dem Versuch, auf den Olymp zu fliegen.

In den Gedichten wird der geschlagene Held “Hinkend und blind/ findest du dich/ in der Vergessenheit wieder“ angerufen oder aber er führt Selbstgespräche über seine Lage: „Fandest du nicht/ erst als Fallengelassener /im Fallen Gelassenheit“. Waren manche Stellen dieses Zyklus schwer verständlich. “Gekappt sind schon die Familienbande/ die seltsame Liebe zum Sterblichen/ zum leicht verderblichen Fleisch und Blut“ erschloss sich anderes unmittelbar dem, der den Mythos kennt.

Neue unveröffentlichte Gedichte präsentierte der Autor im zweiten Teil des Abends. Zwei davon spiegelten die Eindrücke des Verfassers beim Besuch der griechischen Inseln Kos und Rhodos wieder. Bei Ersterer sei keine der Geschichten über diese Insel wahr, während ihn der morbide Charme der alten Stadt Rhodos anrührte, wo der Sommer seine Pelze heraus hängt und in der Nische der verfallenen Moschee der Täuberich gurrt.

In anderen Gedichten ging es doppeldeutig um die Natur und die gesellschaftlichen Verhältnisse an der Alster in Hamburg, die einseitige Freundschaft eines Schülers zu seinem alten Lehrer und, ganz aktuell, um den plötzlichen Wintereinbruch.

Die Zuhörer lobten diese lyrischen Texte. Insgesamt eine gelungene literarische Veranstaltung.

Abendbericht von Rainer Kegel