Im voll besetzten Vortragsraum des MLb bestach der russischstämmige Münchner Literatur-Stipendiat Vladmir Kholodkov von Anfang an mit seiner freundlichen Lockerheit. Das Mikro in der einen, den Text in der anderen Hand las er aus seinem eben fertig gestellten zweiten Roman „Jago“. Slata Roschal, deren Wurzeln ebenfalls in Russland liegen, führte als Moderatorin geschickt durch den Abend. Der Roman spielt in München und im fiktiven Ort Dümplitz in der früheren DDR; er führt den Leser durch Beziehungskonflikte, Gentrifizierung, Flüchtlingsprobleme und hinein in die magische Kraft von Literatur.
Vor allem Othello, das Shakespeare-Drama spielt eine tragende Rolle. Und da der Autor der glücklichen „Y-Generation“ angehört, verhakt er sich nicht– nach 68er Manier – in mühevollen sozialpolitischen Erörterungen, sondern spielt eher mit ihnen. Das Publikum hatte am Schluss nur wenige stilistische oder juristische Anmerkungen, denen Vladimir (man duzte sich schnell) mit echter Offenheit folgte. Wenn es stimmt, dass ein Autor mit seinem zweiten Roman beweist, ob er Schriftsteller ist oder nicht, können wir dem Autor für sein neues Buch jetzt einen guten Verlag wünschen!