Am 9.6.2023 trug die Autorin Jutta Weber-Bock zunächst vier Szenen aus ihrem historischen Roman „Das Vermächtnis der Kurfürstin“ vor, dem 2. Band einer Romanfolge um die später als Giftmörderin hingerichtete Christiane Ruthardt.
Am Anfang eine Szene aus dem Jahre 1824 mit einer Soiree bei einem Hofsänger Löhle in der Rosenstraße, bei dem die Protagonistin als Kammerzofe in Dienst steht, bei der auch der damalige Kronprinz Ludwig auftritt, gefolgt von einem Ausflug an die Floßlände, bei der der Pass der Christiane Ruthardt in der Isar versinkt, nachdem sie zuvor erfahren musste, dass die Familie ihres Ziehvaters es ihr keineswegs gestatten würde, als dessen Tochter, so wie man es einer Geburtsurkunde entnehmen könnte, aufzutreten. Weitere Szenen spielen in der Au am Kegelhof und zuletzt im damals noch nicht eingemeindeten Haidhausen, wo sich die Protagonistin in einem Zimmerchen in einer der dortigen Herbergen mit dem Richten der Wäsche des Armenhauses mehr schlecht als recht über Wasser hält.
Die wechselnden Wohnorte spiegeln einen sozialen Abstieg der Hauptfigur, die als uneheliche Tochter unter Vormundschaft und falschem Namen aufgewachsen ist, wieder.
Die Autorin ist es gelungen, einen lebendiges Eindruck von den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Zeit von 1824-1830 in München zu vermitteln, inwieweit das Schicksal der Protagonistin tatsächlich die Situation der Frauen Anfang des 19. Jahrhunderts im allgemeinen widerspiegelt, wie es von der Autorin intendiert ist, lässt sich anhand vier kurzer Ausschnitte aber schwerlich beurteilen. Die Autorin schilderte auch ihre umfangreiche Recherche für den Roman und Illustrierten den Hintergrund ihrer Auszüge mit einem aufgehängten Stadtplan des Münchens der 1830er Jahre sowie herumgereichtem Bildmaterial aus dem München jener Zeit.
Nach der Pause folgte eine Passage aus einem Romanprojekt, eine Geschichte aus dem 16. Jahrhundert in Istrien, Venedig und verschiedenen Städten in deutschen Ländern, die insbesondere die gewaltsame Unterdrückung der Reformation durch die Gegenreformation seitens der katholischen Kirche zum Thema hat.
Letzteres wurde aber indem vorgelesenen kurzem Auszug, angesiedelt in Wittenberg im November 1545, nur durch geäußerte Besorgnisse, wie ob das Erbe der Reformation unverfälscht der Nachwelt erhalten bleibe, angedeutet. Der Zuhörer wurde erster Linie Zeuge seinerzeitiger Hochzeitssitten in im protestantischen Ländern am Beispiel der dargestellten Hochzeit des Reformators Matija Vlačić genannt Matthias Flacius Illyricus.
Die Ehe wird nach dem Gelöbnis und dem Austausch der Ringe körperlich vor Zeugen vollzogen, bevor der Geistliche, in der Szene Dr. Martin Luther persönlich, die Eheleute einsegnet und der Ehevertrag unterschrieben wird.
Das Publikum zeigte sich interessiert an den historischen Hintergründen des Textes, ohne dass sich eine lebhafte Diskussion entsponnen hätte.
Abendbericht von Rainer Kegel