Corona und Coitus – Bericht vom 3.9.2021

Pandemiebedingt war der letzte Vorentscheid für den Haidhauser Werkstattpreis 2021 wiederum in die Schwabinger Seidlvilla verlegt worden. Im Garten spielte die Lach-und Schießgesellschaft und  oben im Zenzl-Mühsam-Saal kreuzten Lyriker und Prosa-AutorInnen für das Münchner Literaturbüro die Klingen.

Lyrik hat es nie ganz leicht in diesem Wettbewerb, in dem das Publikum nach Gehör seinen Lieblingstext auswählt und kaum Zeit hat, in Ruhe zu entscheiden. Franz Oberhofer gelang es mit drei Gedichten immerhin Platz zwei zu erreichen, wobei die finstere Parabel „Siedlung am Rand“ über einen verlassenen Ort voll dunkler, unbekannter Wesen besonders beeindruckte, ein weiteres sich mit dem Dichten an sich befasste, mit der „dürftigen Handhabe“ von Wortvorrat.

Sieger Offener Abend

Das Prosa- Stück „Sicheres Land“ von Cornelia Wagner thematisierte das unheimliche Schweigen der Corona-Zeit. Ausgangssperre, Kontaktarmut, Kontrollen im Nebel – sehr fein und ohne das Virus direkt zu erwähnen gab die Autorin einen Rückblick (und womöglich Ausblick?) auf die soziale Problematik der Pandemie. Es reichte leider nur für Platz drei, obgleich hier eine gute Textökonomie und stilistische Haltung zu bemerken war.

Friederike Langers Gedichte zeigten Naturnähe und Bildkraft. Mit „Zeige deine Wunde“, einer Anlehnung an J.Beuys, erntete sie interessierte Kommentare. Unterm Strich führten die zerklüfteten romantischen Lyrik-Bilder nicht zu einer tragenden Diskussion.

Raimund Fellner warf mit seiner Kurzprosa über „Freie Liebe und Wahrheit“, die man als Essays bezeichnen könnte, klare, strikte Bilder über die Suche nach der wahrhaftigen Liebe in den Raum. Die Vergleiche von Coitus, Schlüssel und Dietrich wurden vom Publikum nicht mit der Ernsthaftigkeit aufgenommen, die sich der Autor vielleicht  gewünscht hätte.

Siegerin wurde Petra Ina Lang mit „Das Haus der 100 Religionen“. Ein Text, der die Beliebigkeit der Anbetung aufs Korn nahm. Im Ton einer/s FremdenführerIn ging es durch ein Gebäude, wo für jede Form der Religiosität Platz wäre, was eine Publikumsstimme als „quasi räumliche Liturgie“ bezeichnete.

Abendbericht von Bea Cavallo