Eine Hommage in Gedichten – Abendbericht vom 15. August 2024

Bevor „der wilde Wein wieder die Jagd auf die Sonne aufgibt“, hieß es Abschied nehmen. Abschied von einem, der in – zumeist – leisen Tönen tief schürfte und auch schwierigen Situationen gern ein Augenzwinkern abtrotzte. Es entsprach den Umständen, dass der Lyrische August 2024 weniger als Textwerkstatt, sondern vielmehr als eine Hommage angelegt war.

Die Autorinnen Veronique Dehimi und Tania Rupel Tera sowie die Autoren Armin Steigenberger, Horst Oberbeil und Beppo Rohrhofer lasen jeweils Gedichte Hans-Karl Fischers und widmeten ihm dazu eigene Gedichte, plauderten aus ihren Erinnerungen und verrieten Persönliches. Dazu erzählte Robert Huber von der Arbeit in der gemeinsamen Schreibgruppe, die Hans-Karl mit Veronique Dehimi, Robert Hübner und Karolina De Valerio unterhielt.

Erstaunlich, wie komplex sich Persönlichkeiten zeigen, wenn sie aus so unterschiedlichen Perspektiven dargestellt werden. Melancholisch-Nachdenkliches (Novemberlied, vorgetragen von Veronique Dehimi) mischte sich mit Wortspielen (Wind: vorgetragen von Tania Rupel Tera) und Bekenntnissen zum Leben (Aus dem Wald tretend) oder kunstvoll konstruierten Natur- und Gesellschaftsgedichten (Diebstahl, vorgetragen von Armin Steigenberger in einer Aufnahme von Radio Lora). Und auch die Heimat Niederbayern und dessen bayerischer Dialekt sollte nicht zu kurz kommen (Du hast ebbs gega mi, vorgetragen von Beppo Rohrhofer). In all diesen Gedichten zeigte sich, dass Hans-Karl Fischer ein Meister des Nachsinnens war, des kunstvollen Reflektierens und Überraschens. Herausragend immer wieder seine Umkehrung der Perspektiven (Novemberlied: Bevor der wilde Wein wieder die Jagd auf die Sonne aufgibt) und die Fähigkeit, Gefühlvolles in Bilder zu wandeln, ohne in Kitsch und Pathos abzurutschen (Nachtlied: Während / Ich nachdenken wollte über / Uns , verwoben sich meine / Wachen Atemzüge mit deinen / Schlafenden), oder die Lust am kafkaesk Parabelhaften (In den Kittel eines / Käfers getunkt, reitet / Der Bote hinab, den / Aufsässigen den Spruch / Des Grafen zu sprechen).

Gewiss schmerzhaft für die, die Hans-Karl am nächsten standen, war an diesem Abend die Stimme des Meisters selbst, die über eine Aufnahme von Radio Lora eingespielt wurde und die die Gäste des Lyrischen August tief berührte: „Wenn du tot bist, wirst du den Wind nicht mehr spüren …“ (Hans-Karl Fischer).

Wir, die wir den Wind noch spüren, erinnern uns mit jeder Brise gern an einen wunderbaren Kollegen und sein literarisches Schaffen.

Abendbericht: Franz Westner
Fotos: Chris Uray, Wolfram Hirche