Vor vollem Haus fanden sich im MLB 7 Autor:Innen zum Offenen Abend ein. Da aber nur 6 in die Wertung kommen konnten, mußte wieder mal das Los über Auswahl und Reihenfolge entscheiden.
Im Bild (von links nach rechts): Swetoslava Manolova, Nöck Burmeister, Irina Malsam, Hartwig Nissen, Bunye Ngene, Steffen Nowak
„Los“ gings also mit Hartwig Nissen. „Jule“ titelte die Geschichte über einen Vorarbeiter, der in großen Frachtern Kalk aus den Ballasttanks meisselt. Eine harte Arbeit. Aber Jule – aus Schlesien stammend – kennt nichts Anderes. 5 Studenten – Rudervierer mit Steuermann – heuern zur Ferienarbeit an. Und haben es schwer. Als der Steuermann, Timmy, dabei einen Arbeitsunfall hat, rettet ihm Jule das Leben. Timmy zieht’s danach in die Ferne. Übrig bleibt ein Vierer ohne Steuermann. Kein großer Spannungsbogen, aber eine große, kleine Geschichte, literarisch auf hohem Niveau erzählt.
Bunye Ngene erzählt in einem Romanauszug aus der Perspektive einer Patientin über das „Ding“ im Körper, das den Menschen kaputt macht. Das Ding heißt Demenz. „Stiller bin ich auch geworden, weil ich Angst habe, das Falsche zu sagen und rausgehen ist sowieso nicht mehr“. Demenz aus der Tagebuch-Perspektive einer Alzheimerkranken. Bewegende Einblicke. Bunye Ngene forscht auch im wirklichen Leben über diese Krankheit.
Irina Malsam überraschte „In der Sauna“ mit gekonnten Rückblicken an eine Kindheit in Kasachstan. Bei 90 Grad und beim Blick aus dem Saunafenster erinnert sich die Ich-Erzählerin im Traum von einer großen Hochzeit in der ehemaligen Sowjetunion. Eine Fotografin muß 200 Fotos machen. Wie immer wird der Plan übervoll erfüllt. Die Erwartungen der Zuhörer wurden leider nicht ganz erfüllt.
Nöck Burmeister bewarb sich mit zwei kurzen Gedichten um den Abendsieg. In „Tatendrang“ ging es darum, daß es im Juli, August zu heiß zum Schreiben war. Jetzt, zu Herbstbeginn, kann es aber wieder losgehen. „Rekordverdacht“ oder wie kommt man auf einen ersten Platz ins Guinnessbuch der Rekorde? Da gäbe es z.B. die Möglichkeit als größter Massenmörder aller Zeiten aufzutreten. Putin ist auch vorgekommen. Beide Texte waren dem Publikum, aber dann doch nicht rekordverdächtig genug.
Steffen Nowak zählte dann mit „Die Luft anhalten“ von 100 auf Eins herunter. Atemberaubend. Menschenverachtendes Mobbing in seiner grausamsten Form unter Schülern. Nie so richtig beschrieben, manchmal etwas mehr an brutaler Realität, meist aber nur angedeutet. Die „Jäger“ jagen den Neuen und den Alten, der den Neuen beschützen will. Ausgestopfte Tiere im Biosaal, Landkartenhalter, bedrückende Räume, Stolpern, alte Toiletten. Kein Entkommen. Die Jäger schlagen zu. Öffnen die Gürtel ihrer Hosen. Spannung pur! „Ausatmen“. Dazu der passende Vortrag. Großer, langanhaltender Applaus. Was will man mehr?
Swetoslava Monolova – Märchenerzählerin – hätte es daher schwer haben können, mit dem Märchen „Der Dummling“. Aber weit gefehlt. Ein junger Tischler, dem bei seiner Arbeit immer irgendwelche dummen Fehler unterliefen. Wackelige Stühle und Tische und komische Möbel waren das Ergebnis. Aber manchmal gelingen ihm aber auch vollkommene Möbel. So auch beim Bau eines Schrankes, in den er einen Vogel schnitzte. Der Vogel wird zu einem Tier aus Fleisch und Blut und lädt den Tischler zum Fest auf das Königsschloß ein. Auf dem Weg dorthin sammelt der Vogel magische Kräuter. Und auf dem Fest tanzen der Vogel und der Dummling so wundervoll und komisch, daß sogar der Prinz lachen muß. Und der hat lange nicht mehr so herzhaft gelacht. Als Lohn dafür war eine Kiste Gold ausgelobt. Der Dummling aber hielt stattdessen um die Hand des Prinzen an! So kann’s gehen! Gut erzählt, viel Beifall.
Übergroßer Beifall allerdings für den eindeutigen Abendsieger Steffen Nowak, auf den wir uns beim Finale das Haidhauser Werkstattpreises am 5. Oktober 2024 im HP8 Projektor freuen dürfen.
Abendbericht: Beppo Rohrhofer
Fotos: Hellmuth Lang