Zum Auftakt des neuen Jahres fand am 3.1.2020 ein offener Abend mit der 7. Vorentscheidung für den 27. Haidhauser Werkstattpreis statt. Fünf Autorinnen und Autoren trugen ihre Texte vor.
Den Anfang machte Ulrich Schäfer-Newiger mit „Da, wo das Herz ist“, dem fiktiven Bericht eines Scharfschützen, der erzählt, wie er in seinem früheren Wohngebiet auf 34 Menschen geschossen und diese getroffen hat, und der zugleich Gedichte schreibt und im Bericht vorträgt, jeden Zusammenhang verleugnend. Ein berührender und zugleich beklemmender Text der den Protagonisten trotz scheinbarer Distanziertheit klar charakterisiert.
Elvira Steppacher folgte mit “Was der Fall ist “, Ausschnitte aus einem Roman, in dessen Zentrum eine Frau steht, die unter einem fortgeschrittenen Hirntumor leidet. In den vorgetragenen Textabschnitten ging es zum einen, um einen Traum dieser Frau, in dem ein Engel der Finsternis auftritt, Todesarten sowie Bestattungsriten eine Rolle spielen, zum anderen anhand des Ergründens des Systems der Nummerierung von Gräberfeldern auf dem Friedhof, der einen wesentlichen Schauplatz des Romans darstellt, um Zahlen und Mathematik, alles in einer klaren und präzisen Sprache.
Unter dem Titel “Reisende Romane” trug sodann Wolfram Hirche eine Erzählung über einen Mann vor, der Notizen in seinen Hosentaschen sammelt, dessen Ehefrau, die dies geradezu krankhaft findet und die Notizen vernichtet, sowie die Begegnung nach dem Tode des Mannes mit dem Nachbar, der auch gerne Notizen sammelt, sich zu der Frau hingezogen fühlt, dann aber geradezu in Panik flüchtet. Das Publikum war voll des Lobes über die spannende und gut gelungene Geschichte.
Birgit Leitner erzählte in “Wie Dir Adieu sagen” sodann eine Geschichte eines Paares, das sich über eine Dating-Plattform im Internet kennen gelernt hatte, Johanna, eine Germanistin, die aber nicht mehr als solche tätig ist und nach einer früheren Beziehung ein neues Leben anfangen will, und der Posaunist Toni, einfach gestrickt, in dessen Porsche das Paar unterwegs ist. Die Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen den beiden zeigen der Protagonistin, dass man wohl nicht wirklich zusammenpasst. Das Publikum lobte die lebensnahe Schilderung der dargestellten Situation, die vor dem Auge des Zuhörers einen Film ablaufen ließe, kritisierte andererseits aber sprachliche Mängel.
Den Schluss machte Maria Wargin, mit „Der eigelbe Horizont ” einem Stück lyrischer Prosa, einem dichten Textgewebe, voller interessanter Bilder und Metaphern, der vor allem im ersten Teil einen geradezu hermetischen Raum schuf, dann etwas aufgelockerter, auch mit Dialog, aber durchgehend von beeindruckender sprachlicher Stärke.
Das Publikum wählte Wolfram Hirche zum Tagessieger und Kandidaten für die Endausscheidung zur Vergabe des Haidhauser Werkstattpreises.“
Bericht von Rainer Kegel