Vor gut besuchtem Haus bestritten sechs Männer die siebte Qualifikationsrunde zum 31. Haidhauser Werkstattpreis.
Den Anfang machte Paul Holzreiter. „Allmacht und kein Ende“ lautete der Titel der kuriosen Kurzgeschichte. Gott, der Allmächtige, schuf sich eine Kiste, einen Simulator, den er Universum nannte. Um das Ganze testen zu können, musste er in die Kiste, deren Deckel fest verschlossen werden konnte. Das Einschnappen der Schlösser wurde später als Urknall bekannt. Und weil Gott ja allmächtig ist und jederzeit die Kiste hätte verlassen können, schuf er sich noch einen Kumpan im roten Pelz mit zwei Hörnern, der ihn nicht aus der Kiste befreien würde, solange nicht das gesamte Programm durch war. Es ging um Macht und Allmacht und alles was so an philosophischen Fragen dazugehört. Das Publikum war mächtig angetan von der „Versuch“sreihe.
Moritz Fitzek versuchte sich mit dem Romanauszug „Schattenlichter“ an einem Märchen. Leider war es nicht modern und wurde deshalb in einer alten, teils sehr kitschigen Sprache geschrieben. Zwei arme Bauersleute werden noch ärmer durch einen Krieg und die anschließende Vertreibung. Mehr Armut und Hunger gehen nicht. Dazu erwartet die Bäuerin auch noch ein Kind. Und wie es sich so fügt, hat der Bauer eine Begegnung mit einem stattlichen, anscheinend sehr wohlhabenden, Mann. Dieser hat sogar ein Pferd. Der Mann verspricht dem Bauern, alles was er und die Bäuerin sich nur wünschen. Als Gegenleistung möchte der unheimliche Mann den Erstgeborenen. Nach längerem Hin und Her willigen die Bauersleute ein. Und die Moral von der Geschicht: Ich weiß es nicht. So dachten auch die Gäste im MLb.
Florian Gründel präsentierte den Text „Gefangenschaft I“. In einem leerstehenden Hotel, wird ein entführter „Klimadelinquent“ in einer Zelle mit ganz, ganz dicken Wänden festgehalten. Das Ganze spielt in einem, von einem verheerenden Hochwasser verwüsteten, Tal. Bei dem Entführten handelt es sich um den CEO einer Airline, der selbst einmal Pilot war und es, mit Fleiß und harter Arbeit, zum CEO gebracht hat. Er hält Monologe über Markt und Krieg. Warum und wie die Entführung stattfand, erfährt man nicht. Etwas zu leichte Kost für das Publikum.
Peter Heinrichs versuchte es mit der Ballade „Loreley“. Er erklärte dazu, daß er sich in einem kleineren Kreis mit alter Sprache und Literatur befasse und dazu auch immer wieder Texte, wie Loreley, verfasse. Es ging um eine schöne Frau – Loreley – die von allen begehrt wird, auch vom Bischof, der sie aber dann, nachdem er sie nicht „kriegen“ konnte, als Hexe dem Scheiterhaufen übergibt. „Das Beben wollt nicht enden, in seinen Lenden“, heißt es in einem Vers. Das war den Zuhörern dann doch zu viel, wie man aus den Reaktionen schließen konnte. Irgendwie hat sich das Publikum, trotz Anerkennung der Leistung des Autors für die Bewahrung der alten Sprachen, bei der Loreley von Peter Heinrichs an Heinrich Heine gehalten. „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin.“
Stefan Priddy beteiligte sich mit dem Text „Politik mit Geschmack“ an der Qualifikation. In einer TV-Show – Moderatorin Thea Beatrix – wird der Chef der Kannibalenpartei, Rolf Speckmann, präsentiert. Seine Partei habe „Hand und Fuß“ beteuert er. Nachdem er immer wieder größere Probleme mit seinem Nachbarn gehabt habe, habe er diesen getötet und einfach aufgegessen. Das sei für eine ganze Reihe von Problemen überhaupt die Lösung. Unter Anderem bekämpfe man damit die Überbevölkerung und zugleich habe man zu essen. „Deutschland braucht Frischfleisch!“ Das Alles biete zum Beispiel die afd nicht. Das Ganze gipfelt in der Frage von Bea, ob ihr Rolf nicht vor laufender Kamera einen Teil des Ohrläppchens abbeißen könne. Es wird aber dann doch mehr als das Ohrläppchen. Fazit: eine gelungene, absurd-satirische Show!
Mit der Kurzgeschichte „John, die Zinkjungen und das Meer“ beendete Jürgen Possat den Abend. John und den Autor verbinden gemeinsame Studienjahre. Nach einer gelungenen Einführung mit Erinnerungen an diese Zeit, auch am Meer, erfährt man, daß John, nach dem Staatsexamen, mit Frau und Kindern 1979 überraschend einen Auslandsschuldienst in Kabul angetreten hat. Der Autor selbst arbeitet im Lake District in England. Da erreicht ihn die Nachricht, daß John und seine Familie in Afghanistan von Russen erschossen wurden. Tiefe Trauer, Rückblenden und Erinnerungen beherrschen die erschütternde Erzählung. Die ausdrucksstarke, aber nie aufdringliche Sprache und der ergreifende Vortrag verstärken die sowieso schon vorhandene Empathie. Nach längerem Schweigen, großer, dankbarer und anhaltender Applaus. Der Dokumentarroman „Zinkjungen“ von Swetlana Alexijewitsch, handelt vom Afghanistankrieg, dem sowjetischen Vietnam. In Zinksärgen wurden die Toten Soldaten Nachhause gebracht.
Jürgen Possat und Paul Holzreiter haben sich mit jeweils gleicher Punktzahl für den im Oktober stattfindenden Haidhauser Werkstattpreis im HP8 qualifiziert.
Abendbericht: Beppo Rohrhofer
Foto: Jannette Hofmann