Bericht vom offenen Abend am 2.11.2018

Gestern haben wir im MLb wieder einen gut besuchten Offenen Abend erlebt. Zuerst las Klaus Schuster (siehe Bild) aus seiner Kurzgeschichte „Das Vermächtnis der Krähe“: Ein als Krähe wiedergeborener Toter betrachtet das Verhalten seiner Verwandtschaft bei seinem Begräbnis und reflektiert zugleich Ereignisse aus seinem Leben. Die in der Ich-Form geschriebene Geschichte fand mehrheitlich die Zustimmung des Publikums und gewann gegen starke Konkurrenz diese Vorrunde zum Haidhauser Werkstattpreis, obwohl es auch Stimmen gab – eine war besonders stark –, die den Text kritisierten.

Als zweite las Anna Neder-von der Goltz ihren Text „Kinderspiel“ – ein Kapitel aus ihrem im Entstehen befindlichen Roman. Die Geschichte, die in den 1950er Jahren in einer dörflichen Umgebung spielt, zeigte sehr anschaulich, wie grausam Kinderspiele sein können, und wie Taten aus der Vergangenheit auf die später Geborenen wirken. Für die Zuhörer war es jedoch schwer, aus diesem Romanausschnitt die Zusammenhänge zu verstehen. Das war offenbar auch der Grund, für den dritten Platz.

Annette Müller las als dritte – und wurde zweite mit einer Geschichte namens „Schüleraustausch“, in der sie den Aufenthalt eines Mädchen in England sehr realistisch beschrieb: In England bzw. auf der Insel ist doch einiges anders als auf dem sogenannten Kontinent. Doch das war nicht alles: Sie schilderte auch einen sexuellen Missbrauch, bei dem jedoch aufgrund des Charakters der Protagonistin unklar war, ob er tatsächlich geschah, oder ob nur erfunden. Auf jeden Fall ein Text mit aktuellen Bezug, der gut ins Hier und Heute passt.

Zuletzt las Gerhard Häusler zwei Gedichte des russischen Dichters Michail Jurjewitsch Lermontow, ins Deutsche übertragen bzw. nachgedichtet von Inna Zagrajewski, die aber leider wegen des langen Nachhausewegs vorher die Veranstaltung verlassen musste. Der Vortrag war sehr gut, aber die Zuhörer konnten nicht erkennen, was an den Gedichten von Lermontow war und was von Inna. Das ist ein Problem bei allen Nachdichtungen, wenn die Originale nicht vorliegen – jetzt abgesehen davon, dass es bei uns auch niemand gäbe, der beide Sprachen gleich gut beherrschte.