Brillante Spiele – Bericht vom 6.5.2022

Als erster Freitagabend des Monats war der 6. Mai eigentlich für den Wettbewerb-Vorlauf zum Haidhauser Werkstattpreis vorgesehen – mangels Autoren wurde daraus aber ein gemischter Lese-Abend interessanter  Geschichten und Gedichte.

Petra Lang präsentierte mit der Phantasiegeschichte „Come on Baby cry“ den Lebensprotest eines Säuglings, der sich heftig gegen die Welt der Erwachsenen und ihrer Gewohnheiten wehrt – ohne  erhört zu werden. Das konnten viele Hörer nachempfinden, obwohl sie sich meist schon in etwas höherem Alter befinden.

Franc Beno zückte sein Smartphone, in dem alle seine Storys gespeichert sind und las „Oberammergau 2030“ – das Passionsleiden, noch immer von C.Stückl inszeniert, aber in puncto „Esel“ neu besetzt. Wobei auch die Debatte um die Heilige Maria nicht zu kurz kommt, deren Darstellerin nicht mehr zwingend jungfräulich zu sein hat. Jesus wird auch anno 30 ein Mensch sein – optimistische Annahme des Autors – während der Esel von einem Roboter gemimt wird. Ein Zugeständnis an die Tierschützer! Das Publikum entzündete sich an der Frage, woran man das – pardon – Furzen eines Esels optisch erkennen kann. (Antwort bitte über den Autor nachfragen)

Tania Rupel-Tera begeisterte das Publikum mit einem sehr lyrischen Prosatext, in dem die Wortspiele wie Brillanten funkelten. Ein Sommertag, Melancholie des Alterns, die großen Augen der Sonnenbrille und viele andere sehr schöne Bilder werden aneinander gereiht an einer verbalen Perlenkette – oder solls ein Rosenkranz sein? In einer zweiten Story wurde die Ich-Du-Verschmelzung zweier Liebender  in einem Alptraum dargestellt – kurz und heftig und ohne verbale Spielerei.

Andreas Wiehls Geschichte und Darstellung des Drachen als „substanzloses Wesen“ wurde von manchem im Publikum schon deshalb kritisiert, weil der Autor nicht nur vorlas, sondern auch einen unheimlichen Höhlengesang von sich gab und plötzlich in die Knie sank, während er weiterlas. Was genau dieses System „Drachen“ war, das es zu überwinden gilt, musste jeder der Zuhörer für sich selbst entscheiden. Der Autor wurde (erfolgreich) gezwungen, seine Geschichte  zweimal vorzutragen. Als Zugabe gab es den “Bergsee“ .Wer hineinsteigt sieht das Ufer nicht (oder nie?) mehr! Das Publikum war größtenteils sehr angetan.

Abendbericht von W.H.