Ein Kessel Buntes – Offener Abend am 6.9.2019

Zum offenen Abend am Freitag dem 6.9.2019 fanden sich nicht nur zahlreiche Zuhörer im Münchner Literaturbüro ein, auch der Andrang derer, die einen Text vortragen wollten, war groß. Von neun Interessenten konnten sechs ihre Texte vortragen.
Den Anfang machte Franz Oberhofer mit einer Reihe von Gedichten unter den Titeln „Füllfederhalter“, „Brandmeister“, “Gartengesellschaft“, „Himmel über Berlin“, “Ausgeburt von Versen“. Lyrik mit einer großen Bandbreite von Liebesgedichten über solchen über die Schwierigkeiten des Schreibens bis hin zu solchen, die der Autor explizit als politisch verstanden haben wollte. Das Publikum lobte teils die ausdrucksstarke Sprache, teils gab es Kritik über zu viele Bilder und Beliebigkeiten.

Als nächste überzeugte Petra Lang mit ihrem Text „Sommer-Sommelier“, ein verwickeltes, surreales Spiel mit Realitäten und Identitäten unter Verwendung von Zitaten aus dem Text „Rosalie geht sterben“ von Daniel Kehlmann. Die Protagonistin lässt zu ihrem Geburtstag, an dem sie zugleich ihr Leben beenden will, eine blinde Sommelière im Rollstuhl zu einem letzten Abendessen kommen, bei dem auch ein Text per Videoübertragung im Münchner Literaturbüro gelesen wird. Die eine der Frauen ist aber nur der Klon der anderen, bereits als 1901 als Tochter einer berühmten Anarchistin geborenen …

Carolin Huber präsentierte ihren kurzen Text „Von der Freiheit und der Angst „, Reflexionen der Ich-Erzählerin, die gerade ihren letzten Arbeitstag in einer Medienagentur absolviert hat, über ihren Wunsch, ein Buch zu schreiben einerseits und innerem Zwängen sowie Zweifel an ihren Fähigkeiten andererseits. Die Zuhörer lobten den frischen, pfiffigen Text, kritisierten aber den etwas belehrend wirkenden Schluss.

Sodann trug Ralf Baedeker eine Kurzgeschichte „Baby Blue. Es ist noch nicht vorbei“ vor. Eine Geschichte über häusliche Gewalt und das Nichteingreifen zweier Mitbewohner des Täters. Der Text wurde sehr kontrovers diskutiert. Einerseits fand man die Figuren gut gezeichnet und lobte die Dynamik und den Spannungsbogen im Text, andererseits wurde ein zu viel an Beschreibung, zu wenig Tiefgang bei der Charakterisierung der Personen und eine störende Wiederholung ihrer Eigennamen kritisiert.

Dann folgte Franz Josef Hermann mit einem Langgedicht „Antigedicht, Vogelwild, in sieben Count-down-Antizyklen“ einem wortgewaltigen, kraftvollem, auch vor Kraftausdrücken nicht zurückschreckenden Text, vorgeblich aus der Feder einer Schreibkraft, der ein mit den Schwierigkeiten des Schreibens und ebenso der Zerstörung der Natur hadernder Autor diktiert. Das Publikum lobte die teils selbstironische Wortakrobatik wie auch die Art des Vortrages, kritisierte andererseits den Text aber auch als auf die Dauer ermüdend.

Den Abschluss bildete Tania Rupel-Tera mit „Noch nicht“ einer berührenden Geschichte einer Frau, die mit der Straßenbahn auf dem Wege zum Krankenhaus ist, um dort ihre krebskranke Mutter zu besuchen während eine immerzu „noch nicht“ rufende, wohl geistig verwirrte Mitfahrerin schließlich aussteigt und sich vor die entgegenkommende Straßenbahn wirft. Das Auditorium war voll des Lobes über diesen bewegenden Text mit einprägsamen Bildern.

Das Publikum wählte Tania Rupel-Tera zur Siegerin des Abends und Kandidatin für den Haidhauser Werkstattpreis.

Bericht von Rainer Kegel