Ein Kontrastprogramm – Lesung am 13.3.2020

Maria Wargin und Vivian Golan haben diesen Abend mit lyrischen Texten gestaltet, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten.

Maria Wargin versuchte zunächst, ihren Text mit ausdrucksvollen Gesten zu unterstreichen, pantomimisch zu begleiten. Nach Einwänden aus dem Publikum wurde deutlich, dass dieser Versuch nur gelingen kann, wenn der Text auswendig beherrscht wird. Die „Poetische Novelle“ bestand aus Collagen vereinzelter Begriffe, Aussagen, Fragmenten, die im subjektiven Verständnis der Autorin wurzelten und nur selten von mehr als einem oder zwei Zuhörern nachvollzogen werden konnten, die über ähnliche Erfahrungen und Phantasien wie die Autorin verfügten. Der Sprachraum, in dem sie sich vorantastet, scheint eher begrenzt, beliebige Deutungen drohen, was aber vielleicht auch Teil des Konzepts ist. Die Autorin genoss sichtlich das Gespräch mit dem Publikum.

Vivian Golan hingegen liebt das Eindeutige, das Gereimte, auch wenn das Satzgefüge schon mal öfter verdreht werden muss, um den gewünschten Endreim zu erreichen. Im Gedicht „Sehnsucht“ bricht das „Herz“ gleich fünf bis siebenmal aus dem Text heraus in die Ohren der Hörer. Es gibt aber auch Texte, die sich kritisch mit konkreten Phänomenen befassen, wie „Influenzer“ oder „Jüdische Hochzeit“, in denen die Arbeit an der Sprache von der Poetin noch etwas intensiviert werden könnte, weil ihr hier die Reime einfach ausgehen. Das Naive, insgesamt fast Kindliche wurde vom Publikum durchaus positiv aufgenommen und in ein produktives Werkstattgespräch transformiert.

Bericht von Wolfram Hirche