Illusionen – Bericht vom 7.1.2022

Der erste  Wettbewerbsabend des  Jahres 2022  musste wegen der geltenden Corona-Vorschriften online über die Bühne gehen. 24 Teilnehmer·innen verfolgten die Lesung online und konnten über den besten Text abstimmen. Lebhafte Diskussionen über die gebotenen Texte prägten den Abend.

Es lasen drei Autorinnen und ein Autor. Werner Leuthner aus dem Schwarzwald machte den Anfang mit der Story „Date“. Zwei Menschen reiferen Alters aus bürgerlichem Milieu versuchen sich kennenzulernen. Der Roman „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ soll erkennungsdienstlich helfen und führt prompt in die Irre. Der freundliche Rentner, der „nicht hässlich“ ist, landet bei einer Dame, von der er sich vorher kaum hätte träumen lassen.

Danach brach Tania Rupel Tera die gemüthafte Stimmung mit Lyrik, bei der es um existentielle Fragen ging. Reimlos, in freien Rhythmen hämmerte sie ihre Texte von Endlichkeit des Lebens, Alter, Sehnsucht und Todesangst in das Publikum. Kälte und alles überbordender Schnee, der ferne Vater und das allzu weiche Grab bildeten in der leicht gebrochenen Aussprache der bulgarischen Autorin einen harten Kontrast zu dem ersten Text. Dem Publikum schien völlig die Stimme zu versagen.

Beate Klepper wusste mit einer Jugend-Story zu überzeugen. Aus der „Ich“-Perspektive sorgsam aufgebaut, führte sie das Publikum hinein in die Welt zweier Familien auf dem Lande. Die Töchter mögen einander, sind eifersüchtig, enttäuscht und werden von sehr seltsamen Vätern bewacht. Sie radeln über „die Käffer“, um sich zu besuchen, und sie treffen einander nach Jahrzehnten wieder, um Rechenschaft zu verlangen. Ein Zuschauer verglich die Erzähltechnik mit P. Modiano, dem Nobelpreisträger aus Paris.

Schließlich las Rita Uckmann noch den Anfang aus einem frisch entstandenen Roman, in dem ein Roboter die entscheidende Rolle spielen soll. Im fernen Amerika muss sich Frank entscheiden zwischen Liebe und Geld. Welche Rolle der absolut herzlose Roboter („ohne Oxytocin“) noch spielen sollte, blieb in diesen ersten zehn Minuten des Romans völlig offen.

Das Publikum wählte Beate Kleppers Jungmädchen-Story zum Sieger, mit einer Stimme Vorsprung vor dem Romanauszug von Rita Uckmann.

Abendbericht von W.H.