Zu dem offenen Abend und Vorauswahl für den Haidhauser Werkstattpreis präsentierten fünf Autorinnen und Autoren ihre Texte.
In Annette Katharina Müller Geschichte „Aufgeben ist keine Option “ sitzt ein aus Bosnien stammender Bauarbeiter, der nach einer Operation in der Reha behandelt wird, auf dem Ergometer, damit er wieder in seinem geliebten Beruf als Maurer arbeiten und Zementsäcke schleppen kann; seine Gedanken kreisen um seinennach Bosnien zurückgegangen Kumpel, seine Kollegen, die ihn in der Reha besucht haben, und um Beate, die ihn verlassen hat. Als er auch noch einen mitleidigen Blick von einer Mitpatientin, die sich auf den Ergometer viel leichter tut, erntet, will er aufs Dach steigen und sich hinunter stürzen, das Gerüst vor dem Haus führt aber nicht bis zum Dach, trotzdem stürzt er unbeabsichtigt, kommt aber auf dem Gerüst unverletzt wieder zu liegen.
Die Zuhörer lobten den Text als spannende, eindringliche Schilderung, warf aber die Frage auf, ob das Ende mit dem geplanten Suizid nicht besser weggelassen würde.
Peter Walcher trug drei sehr kurze Texte vor. „Sei doch mal spontan an“ eine Szene mit einer Familie mit drei Jungen im Wohnzimmer und der Frage, wer beziehungsweise was spontan ist. In „Tagebuch eines Seniors“ einen Wochenbericht mit Befindlichkeiten und Ereignissen, wie schlecht geschlafen, derFrage, ob der Protagonist wegen seiner Prostata einen Urologenaufsuchen soll, Seniorensport und trostlose Langeweile am Sonntag.
In „Warten auf Förl“ besucht der Protagonist die demente Barbara im Altenheim, die einen „Förl“ gesehen haben will und nun darauf wartet, ihn wieder zu sehen.
Das Publikum lobte die Texte als authentisch, humorvoll und schön absurd.
Der Text „Neues Leben“ von Barbara Bacher führte die Zuhörer in die siebziger Jahre. Eine Frau begibt sich zu einer Abtreibung in eine Klinik nach Berlin-Neukölln, einem alten Gebäude mit düsteren Fluren und hohen Räumen und liegt dort mit sechs weiteren, sehr unterschiedlichen Frauen insgesamt eine Woche auf einer entsprechenden Station. Sie unterzieht sich unter Narkose dem Eingriff, dann erzählen sich die Patientinnen Witze um die Zeit herum zu kriegen.
Die Zuhörer lobten die Darstellung, fand aber zu viele Beschreibungen von Äußerlichkeiten und auch, dass die verschiedenen Frauen eigentlich nur von außen beschrieben wurden.
In „Das Messer“ beschrieb Ramona Deiters Szenen einer wohl auseinandergehenden Ehe. Abwechselnd äußern Mann und Frau Klagen, meist über beziehungsweise gegen den anderen, so wonach die Wohnung unordentlich sei, der Mann viel auf der Couch liegen würde und die Küche unaufgeräumt zurücklassen würde, das Kind jeden Abend zu Mama will und keinen Rosenkohl mag.
Das Publikum fand die Alltagsschilderungen sehr stimmig und sah aufgereihte Bilder wie Perlen eines Rosenkranzes.
Hartwig Nissen führte das Publikum in „Olafsfjördür“ nach Island. Ein Filmemacher, der dort Interviews über Elfen undTrolle will nach einem langen Tag zu Bett gehen, als seine Dolmetscherin und Reiseführerin Miriam an der Bettkannte erscheint und ihn bittet sie doch zu einem Konzert, einem Sängerwettstreit, in dem 40 Paare gegeneinander antreten, in dem 150 km entfernten Olafsfjördür zu begleiten, da dort ein gewisser Rune,auch teilnehmen werde und es sich bei diesem um eine furchtbare Klette handele. Der Protagonist lässt sich überreden und spielt bei dem den Wettstreit mit den 80 Sängern den verliebten Freund der Miriam was den hünenhaften Rune finster blicken lässt.
Am nächsten Tag verabschiedet sich Miriam am Flughafen Keflavik von dem Filmemacher, wobei Rune plötzlich auf der Terrasse des Flughafens erscheint, der Protagonist fliegt ab.
Der Text begeisterte das Publikum, es fand diesen in jeder Hinsicht sehr gut gelungen, sehr zart und fein.
Das Publikum wählte Hartwig Nissen zum Tagessieger und Kandidaten für das Finale des Haidhauser Werkstattpreises.
Abendbericht: Rainer Kegel