Nichts ist, wie es ist… – Abendbericht vom 11. April 2025

Gedichte sind Lichter in der Dunkelheit sagt die Kunstmalerin und Lyrikerin Sabine Levinger. In ihren Texten kann man dieses Leuchten sehen und spüren. Die Worte kommen langsam, harmlos, um dann, mit einem unerwarteten Bruch, das Dunkle erahnen zu lassen.  Der Kasperl ist eben nicht nur Kasperl, Menschen, Landschaften und alltägliche Situationen oft nur auf den ersten Blick schön. Wie im richtigen Leben.

„Der Kasperl hat ein rotes Gesicht/und weint nicht./Er freut sich/die Kinder auszusperren/ und in den See zu schicken“ so lauten z.B. die ersten Verse vom „Kasperl“.

Im Gedicht „Warten“ gibt es Briefkästen ohne Post und „nur lauter Fragen“. In einem anderen Text wird ein Sorgenmantel um das lyrische Ich geworfen.

Zum Schluß das Gedicht „Ashford Dunwoody“ in dem nochmal all das kulminierte, was Licht und Schatten im Leben bedeuten können. Die weißgestrichenen Wände eines freundlichen Häuserblocks inmitten hübscher Beete und gepflegtem Rasen, werden zum Schacht in den man hinabstürzen kann, wie die letzten Verse vermuten lassen. „Spätabends/von der Snackbar zurückgekehrt/stellte sie die Getränkebox/vor die Tür/ein Würgeengel trat zu ihr/und ihr Auszug, hinunter/zum Schacht konnte beginnen/obwohl Sie oben/von Luftschiffen träumte“.

Das Bedrohliche ist immer vorhanden. „Was kommen wird schläft im Granit und lässt auf sich warten.“ Was immer es sein mag?

Sabine Levinger hat uns viel zu lange auf ihre wunderbar verwobenen, sprachlich klaren und doch vielschichtigen, geheimnisvollen mit Metaphern und Bildern – wie es sich für eine Kunstmalerin gehört – ausgestatteten Gedichte warten lassen. Was immer sie sagen mögen. Sie sagen: der Schein kann trügen. Das Warten lohnt sich.

Der Rezensent – und sicher auch die Zuhörer -warten gerne auf eine neue Lesung mit Sabine Levinger.

Abendbericht: Beppo Rohrhofer
Fotos: Ulrich Schäfer-Newiger