Der „offene“ Wettbewerbsabend als Vorauswahl zum 30. Haidhauser Werkstattpreis 2023 fand trotz stürmischen Winterwetters lebhaften Zuspruch beim Publikum, so dass ab 19:30 Uhr kein Platz mehr frei war – sowohl Parkett als auch Bühne waren besetzt, und es fanden sich, mit etwas Mühe auch die erforderlichen vier AutorInnen, um den Contest zu starten.
Veronika Cordes las eine amüsante Story zum Thema „Drang und Ruhm Literarischen Schreibens“; satirisch wird das Scheitern am ersten Roman eines Dichters wegen ständiger häuslicher Probleme aufgespießt. Das Publikum bemäkelte, dass von der Nichtigkeit des Ruhms zu wenig die Rede gewesen sei.
Carl Reiner Holdt, bekennender Physiker und ehemaliger Mönch führte in sieben Gedichten vor, was rhythmisch freie, philosophisch angehauchte Lyrik ausloten kann an gedanklicher Tiefe. Leider konnte kein Beamer die Texte an die Wand „werfen“, aber das Publikum war von den ernsten Texten zum Thema „Anthropisches Prinzip“ dennoch sehr angetan.
Christian Nielsen, dankenswerter Weise spontan als notwendiger vierter Autor eingesprungen, präsentierte Lyrik, freilich mehr von heiterer, reimender Gestalt. Auch die Themen, etwa „Santa Claus“ und „Herzschmerz“ ließen satirischen Willen durchblitzen. Mancher im Publikum meinte, dass der Autor dem Reim zu viel des Inhalts geopfert habe.
Nach der Pause trat Peter Heinrichs auf, um von seiner geplanten Lyrik elegant umzuschwenken auf eine schlanke, postmoderne Story über den Dichter Josef von Eichendorff und sein berühmtes Poem „Mondnacht“, das Heinrichs frech und frei um drei weitere Strophen ergänzte – einen Bluff, den nur wenige bemerkten. Dabei wurde die Todes- und Trauergeschichte der „lieblichen Tochter“ Agnes des berühmten Dichters intensiv umkreist. Anschließend präsentierte Heinrichs dann doch noch zwei seiner Gedichte.
Das Publikum war von der gekonnten Eulenspiegelei des Autors und seiner Suche nach der tiefen „dichterischen Wahrheit“ sehr angetan und wählte ihn zum Abendsieger.
Bericht: W. Hirche