Zum offenen Abend am 1.2.2019 hatten 6 Autoren ihren Text zur Vorrunde zum Haidhauser Werkstattpreis in den Ring geworfen. Abwechslungsreich wurde das Publikum durch verschiedene Stadien und Situationen des Lebens geführt, was mit angeregten Diskussionen honoriert wurde.
Von einem alten Mann erzählte Wolfram Hirche in der Story „Lig Schigg“, in deren lautmalerischem Titel die Probleme der Zahnlosigkeit anklingen, die der Mann im Warten auf sein Gebiss ausstehen muss, sinnierend, gedankenverloren im Monolog mit seinen Besuchern, und er den süßen Geschmack beim Saugen an den Taubnesselblüten wieder genießen möchte, da er ja auf Flüssiges und Griesbrei angewiesen ist, so wieder aufs Kindsein zurückgeworfen einen seiner Besucher Vater nennt, denn ein Vater sollte jung und stark sein. Eine durchgängig ihren dichten Sprachduktus haltende Story.
Vom Alltag Mikes erzählte Michael Ried im Text mit dem Titel „Immer und ewig“. Der sich stetig wiederholende Tagesablauf bildete den Drehpunkt im wahrsten Sinne des Wortes, wurde zwar zum Teil als berichtend empfunden, konnte aber durchaus die aufblitzenden Hoffnungsschimmer des Alltagshelden des Haidhauser Künstlers zeigen. Realität und künstlerische Gestaltung wurden hier diskutiert.
Es folgte ein einzelnes Gedicht von Hermann Stuke mit dem Titel „Kaspar Hausers letzte Gedanken“. In der stilistisch sehr stark an die Zeit Hausers angelehnten Lyrikform – z.B. „Den Durchgang wagte ich bisher noch nie“ – lag die Frage ans Aus- und Aufbrechen, das sich Aufraffen zu letzten oder befreienden Entscheidungen, was vom Publikum mit der Frage nach einer über Kaspar Hauser hinausgehenden Gültigkeit diskutiert wurde. Ebenso stand die Frage nach der Stimmigkeit des Reimes im Raum.
Heiter wurde es mit Winfried Prins‘ Kurzgeschichte „Radlpartner gesucht“, in der dem suchenden Sportler die Wahl zwischen zwei höchst unterschiedlichen Begleitern zu schaffen macht. Der unkompliziert kumpelhaftere erwies sich als notorischer Erotik-„Club“-Besucher auf spanischen Routen, was den Erzähler ins Grübeln kommen lässt, wie die geplante Tour zu dritt möglich sein soll. Es blieb offen.
Nicht nur wegen der passend artikulierten Vortragsweise eine runde kurzweilige Geschichte.
In „Neues Leben“ führte schließlich Eugenia B.-Ketterer die Zuhörer in eine südliche Strandwelt, in der zwischen einer vom Leben apathisch gewordenen übergewichtigen Mutter und ihrem Kind kein Raum für Aufmerksamkeit blieb. Das Kind verlor sich beim Spielen im Meer, wird gerade noch gerettet – eine Situation, die im Text in zwei Varianten erzählt wurde. Ein interessantes Experiment, das vom Publikum sehr unterschiedlich erfasst und aufgenommen wurde.
In Stephan Priddys „Palindrom“ kreiste schließlich ein ganzes Leben, das von Max, vom 5-jährigen bis zum 80-jährigen, der in einer Abfolge der sich stets gleich wiederholenden Situation, seiner Geburtstagsfeier mit Grillfest am Stand, sich selbst begegnet. Seiner Verblüffung bleibt der Protagonist ausgeliefert.
Diese Story gelangte zusammen mit Eugenia B.-Ketterers punktgleich auf den 2. Platz.
Das zeitübergreifend Tiefgründige in Hermann Stukes Gedicht konnte offensichtlich letztlich überzeugen und er gewann als Tagessieger.