Zum offenen Abend als Vorentscheidung für den Haidhauser Werkstattpreis am Dreikönigstag, dem 6.1.2023 fanden sich trotz des Feiertags fünf Autoren ein, die ihre Texte dem Publikum präsentierten.
Den Anfang machte Tania Rupel Tera mit „Die Ablenkung“, einer witzigen und gelungenen Geschichte über die Ablenkung der Autorin beim Schreiben eines Textes durch eine Fliege.
Es folgte Annette Katharina Müller mit „Die selbstbewusste Birke“. An einer großen Straßenkreuzung wächst aus dem Pflaster eine junge Birke, die dort nicht angepflanzt, sondern vom Wind ausgesät wurde dank der Mithilfe der Anwohner, die für regelmäßiges Gießen sorgen. Als dann Arbeiter der Stadtgärtnerei auftauchen, die die Birke, weil sie sozusagen ungeplant gewachsen ist, fällen wollen, kommt es zu einem spontanen Protest der Anwohner, der die Arbeiter jedenfalls fürs erste wieder abrücken lässt. Dem Publikum gefiel der Text, manchem war die Geschichte aber zu idyllisch.
Danach trug Bernhard Winter unter dem Titel „Wie weit ist ein wir“ eine Reihe von Gedichten vor, darunter drei Akrosticha; nicht nur diese zeigten Wortspiele und sprachliche Neuschöpfungen wie verstreichen => verstreicheln, bespüren und eratmen.
Eindrücklich schilderte Paul Holzreiter in seiner Geschichte „Wo Deitschland anfangt“ das ärmliche Leben in einer Siedlung von Nachfahren Tiroler Auswanderer in Brasilien . Es regnet, weshalb die Brüllaffen und Gürteltiere sich verkrochen haben und man auch keine Angst haben muss, auf dem Weg auf eine Schlange zu treten, Männer sitzen in einer Hütte, beleuchtet von einer Petroleumfunzel, beieinander, während die Frauen das Essen aus Maniokmehl und schwarzen Bohnen zubereiten und auftischen, trinken Schnaps und fragen den Erzähler, angesichts der bevorstehenden ersten Wahlen nach Ende der Militärdiktatur, ob es auch in Deutschland Wahlen gibt, wobei sie nicht einsehen können, dass die Tiroler Heimat ihrer Vorfahren nicht zu Deutschland gehört, wo man doch dort Deutsch spricht. Die Zuhörer lobten die stimmungsvolle Darstellung.
Den Schluss bildete Nöck Burmeister mit „Gedichte mit und ohne Hake „, drei gereimten Texten über einen Dialog zwischen Hering und Makrele, über Unsinn des Genderns sowie mit „Hakenabo“, über die Gefahren mit dem Setzen eines Häkchen auf einer Website ein unerwünschtes Abonnement aufgedrängt zu bekommen, die beim Publikum gut ankamen.
Die Zuhörer wählten Annette Katharina Müller zur Tagessiegerin und Kandidatin für das Finale des Haidhauser Werkstattpreises.