Von Kunst und Krieg – Bericht vom 30. September 2022

Paula Deppe (1886-1922), die wenig bekannte Malerin war dem Münchner Autor Hans-Karl Fischer bei seinen Nachforschungen über Hans Carossa mehrmals „über den Weg“gelaufen, sodass er zu ihrem 100sten Todestag  (4.10.22) Vortrag und Lesung aus seiner wachsenden Deppe-Biographie im gut besetzten MLB-Auditorium hielt. Dabei entstand nach lebhafter Diskussion ein plastisches Bild der Expressionistin, die aus wohlhabendem Elternhaus im tschechischen Rokycany stammte und sich schon in frühen Jahren voll und ganz auf die Malerei warf, als für Frauen eher das Hausfrauendasein als Bestimmung galt. Etwa ab 1907 lebte sie mit Mutter und Geschwistern in München und ließ sich zur Malerin ausbilden, nachdem ihr  großes Talent schon früh in der tschechischen Heimat entdeckt worden war.

Fischer konnte aus dem knapp 30 seitigen Tagebuch zitieren, das allerdings nur mit Korrekturen von Gerta Springer, ihrer Freundin und Mal-Kollegin erscheinen durfte. Testamentarisch hatte Deppe verfügt, dass die Freundin „ alles Dumme“ aus den  Tagebüchern entfernen sollte. Heute  weiß man natürlich nicht mehr, was  Springer  als „dumm“ erschienen war. Die Beziehungen zu Männern etwa (der gleichaltrige Oskar Kokoschka geistert herum), das Verhältnis zu Frauen und zum Lieben Gott – alles Dinge, nach denen die neugierige Nachwelt üblicherweise am meisten lechzt! Immerhin erfuhr man von Hans-Karl Fischer, dass die aus protestantischer Familie stammende Künstlerin sich intensiv mit den „Geboten“ und „Prüfungen“ Gottes auseinandersetzte, dass sie mit der Liebe haderte, der Liebe zu Gott und zu den Menschen. Dabei hatte sie auch noch das Pech, in eine Zeit des Umsturzes, der Spanischen Grippe des Ersten Weltrieges und der Hungersnot  hineingeboren zu werden, sodass sie auch die Auswirkungen der Münchner Räterepublik 1918/19 zu spüren bekam, ehe sie mit den Eltern  endgültig aus München wegzog ins ländliche Seestetten bei Passau, wo auch der Dr.med Hans Carossa, Arzt und Dichter viele seiner Ferien verbrachte. Ob es zu einer persönlichen Begegnung der Malerin mit dem acht Jahre Älteren gekommen ist, kann nicht sicher bestätigt werden, dürfte aber sehr wahrscheinlich sein.

Die Künstlerin starb mit nur 35 Jahren in einer Klinik  bei Passau.

Abendbericht von W. Hirche