Von Liebe und Frust – Bericht vom 4. November 2022

Am Freitag, den 4.11.2022 traten vier Autor*innen zur zweiten Vorauswahl für den 30. Haidhauser Werkstattpreis an.

Als erste wagte sich Monika Scheddin mit “Ohne Yoga hätt ich das nicht überlebt” auf die Bühne und präsentierte einen Text, in dem die Protagonistin sich keineswegs sonderlich begeistert von Yoga, Schweigeseminaren oder gewaltfreier Kommunikation nach Rosenberg zeigt. Ihr stinkt vielmehr so einiges, vom Furz des einzigen männlichen Teilnehmers im Yogakurs angefangen über Besteckklappern im Schweigeseminare, unbequemem Sitzen, dem Hineinatmen von Schmerzen, die sonst gar nicht da wären, bis zu sprachlichen Verrenkungen, um jemanden wirklich gewaltfrei dazu zu bringen, doch endlich den Müll herunter zu schaffen. Das Publikum fand die Schilderungen durchaus treffend.

Weiter ging es mit Raimund Fellner und “Meine Lieblingsbase Monika A.”. Der vierzehnjährige Protagonist trifft bei einem Familientreffen auf dem Lande seine gleichaltrige Cousine, die er durchaus attraktiv findet. Statt aber dem Vorschlag seiner Cousine nach Petting zu folgen, geht er mit ihr Zigaretten aus dem Automaten im Dorfwirtshaus kaufen und beide rauchen dann verbotenerweise solche im Wald, obwohl dies dem Protagonisten eigentlich gar nicht gefällt. Das Publikum fand die Geschichte charmant, kritisierte aber sprachliche Eigenheiten, wie etwa die häufige Verwendung des Wortes “Stengel”.

Es folgte Horst Oberbeil mit “Unbeantwortete Briefe” beziehungsweise “Leidensweg eines verkannten Genies”, einer Reihe von Schreiben eines offensichtlich wenig erfolgreichen Autors an einen Herrn Finsterling vom fränkischen Autorenverband, in dem der Autor sein Leid klagt. Schließlich sind ihm alle feindlich eingestellt, der Feuilletonredakteur des Fränkischen Kuriers, der ihm bewusst schaden will, die Leitungen kirchlicher Altenheime und andere Verantwortliche der Kirche, die ihn darin behindern, die alten Menschen an seinen literarischen Ergüssen freudig teilhaben zu lassen,  sodass die Druckstücke seiner Werke unverkauft bei ihm zuhause herumliegen und er schließlich sogar zum Notverkauf schreiten muss. Nur einmal äußert sich der Briefeschreiber freudig und dankt für die von ihm vermutete Mitwirkung des Herrn Finsterling bei der Zuerkennung einer Autorenförderung in Höhe von 600 DM durch den bayerischen Staat.
Aus dem Publikum kam Kritik dahingehend, dass die Geschichte zu lang und der Humor teils aufgesetzt erschien und die Larmoyanz des Briefeschreibers angesichts der ihm dann doch zuerkannten Förderung nicht ganz nachvollziehbar.

Zu Ende ging der Abend mit Wolfram Hirche, der mit “Der Barmann “einen furiosen Rundumschlag präsentierte, indem jener Barmann, tätig an der Bar eines Kulturveranstaltungsorts einen weiblichen Gast davon zu überzeugen versucht, dass das Glas, in dem er ihr Rotwein kredenzt hat, wirklich sauber sei, während er doch genau weiß, dass die Gläser überhaupt nicht ordentlich gespült werden. Sie werden vielmehr lediglich kurz in einer Plörre, in der schon Pfannen und Nachttöpfe ausgewaschen worden waren, eingetaucht, um dann mit dem Gesicht nach unten auf ein vom Dreck steifes Küchenhandtuch gestellt werden. Ein Grund, warum der Barmann eine Überprüfung der Bar durch die Gewerbeaufsicht herbeisehnt.
Dem Publikum gefiel die lebendig erzählte, atemlos vorgetragene Story des bedauernswerten Barmanns.

Das Publikum wählte Wolfram Hirche zum Tagessieger und Kandidaten für das Finale des 30. Haidhauser Werkstattpreises.

Abendbericht von Rainer Kegel

Fotos von Susanne Görtz