Das Süße Gift des Geldes – Bericht vom 8. Juli 2022

Die 2062. Lesung wurde von der Münchner Autorin Bhavya Heubisch gestaltet. Sie las aus ihrem im Jahr 2020 im Volk Verlag erschienenen Roman “Das süße Gift des Geldes” (auf dem Buchumschlag ist das Gift merkwürdigerweise “süss”). Um das Wichtigste gleich vorweg zu nehmen: Der Abend war ein großer Genuss. Die Autorin ist eine exzellente Leserin. Das Tempo stimmt, die Lautstärke stimmt, es werden keine Konsonanten oder Silben verschluckt, Dialoge werden durch Stimmänderung kenntlich gemacht und der jeweilige Sprecher erhält eine individuelle Klangfärbung. Passend zum Inhalt des Buches die Münchner Dialektfärbung – in einer angenehmen, wohl auch für Norddeutsche verständlichen Fassung.

Der Roman beschreibt das Schicksal der Adele Spitzeder, die aus armen Verhältnissen kommend im München des Jahres 1868 einen Skandal herbeiführte, indem sie auf die Idee kam, Bargeld zu einem höheren Zinssatz als Banken zu verleihen, was augenblicklich zu einem Ansturm von Anlegern führte und sie zu einer der reichsten Frauen Bayerns machte. Den etablierten Banken und den Behörden war sie schnell ein Dorn im Auge. Da die Spitzederin ihr Geschäft (das sie nur mit Bargeld betrieb!) auf dem Ponzi-System aufbaute, d.h. sie bezahlte die horrenden Zinsen der Anleger mit neu aquiriertem Geld, und weil sie mit Geld nicht umgehen konnte, ging die Sache natürlich schief und sie landete im Gefängnis.

Die Geschichte ist kurzweilig, spannend und atmosphärisch erzählt. Bereichert wird sie durch passende Dialektausdrücke, die auch schmunzeln lassen. Die zwei Seiten der Protagonistin, die ihren Reichtum nicht nur kopflos in Luxus um-, sondern teilweise auch zu sozialen Zwecken einsetzte und beispielsweise eine stadtbekannte Suppenküche am Platzl spendierte, werden anschaulich und kenntnisreich geschildert. Dem Text ist anzumerken, dass hier intensiv recherchiert wurde. Kein Wunder also, dass die Autorin alle Fragen aus dem Publikum sachkundig beantworten konnte.

Wahrscheinlich wären mehr Zuhörer erschienen, hätte man Eintritt verlangt.

Aber so ist das im Münchner Literaturbüro: Gute Unterhaltung “umasonst”.

Abendbericht von Philipp Stoll