Auf der wegen Heiligabend um einen Tag vorverlegten Lesung am 23.12.2021, die angesichts der Corona-Restriktionen erneut per Zoom stattfand, präsentierte der Autor Paul Holzreiter zwei Erzählungen.
Zunächst „Der Bougalou“: was als etwas schwülstig-erotische Geschichte vom Liebesabenteuer des Touristen Pierre mit der Einheimischen Alina am karibischen Sandstrand und einem leerstehenden Haus im Mondenschein beginnt, wandelt sich schnell in eine intelligent mit Rückblenden erzählte Horrorgeschichte.
Die Geliebte erweist sich als böser Dämon, der Weissen als Rache für die Sklaverei, das Blut aussaugt und den armen Pierre, nach seiner Flucht aus dem vermeintlichen Liebesnest, noch im Hotelzimmer, wo er krank darnieder liegt, und womöglich sogar in seiner Heimatstadt, heimsucht.
Um innere Dämonen ging es dagegen in „Hallo, bist du da“, einem langen Monolog des Protagonisten, gerichtet an den so Angesprochenen, aus einer Telefonzelle heraus. Der Protagonist hat es aber auch schwer und muß sein Leid klagen, wird er doch von Politikern, Geheimdiensten, dem Hausmeister, der Klebstoff in seine Nasentropfen gegeben hat, dem Pfarrer, der ihm vergiftete Schuhe geschenkt hat, und Fahrern oder Haltern von Autos mit „analogen und massiv analogen“ Kennzeichen verfolgt, während weder Politiker, Amnesty International noch sein amtlich bestellter Betreuer etwas unternehmen und seine Briefe nicht beantworten, geschweige ihm zu neuen Organen verhelfen, die er wegen seiner vielen Erkrankungen benötigt.
Dem Autor ist mit dieser Geschichte eine überzeugende Darstellung eines Paranoikers gelungen, passend zu einer Zeit, in der abstruse Verschwörungstheorien viele Anhänger finden.
Abendbericht von Rainer Kegel