Blut und Tod – Abendbericht vom 6. Dezember 2024

Am Freitag, den 6. Dezember 2024 hatten sich eine ganze Reihe Interessenten für die Vorauswahl zum Haidhauser Werkstattpreis eingefunden, sechs ausgeloste Autorinnen und Autoren konnten ihre Texte vortragen.

Den Anfang machte Wolfram Hirche mit „geladen“. Ein neuer Mandant stellt sich bei einem Anwalt vor, nämlich ein Lyriker, der einen Namen wie ‚Wondraschek‘ oder so ähnlich hat, und eine Pistole auf den Tisch legt. Aus der habe sich eben im Büro seines Verlegers ein Schuss gelöst und der Verleger liege jetzt auf dem Teppichboden und rühre sich nicht mehr. Der Mandant möchte sich gleich mit dem Anwalt stellen, dieser vertröstet ihn auf den darauf folgenden Tag nachdem er jetzt eine Unterredung mit seinem Chef, einem Anwalt mit Namen Rossi hat und nichts Gutes ahnt, nachdem ihm in letzter Zeit nicht viele Freisprüche im Strafprozess gelungen waren, und nimmt die Pistole an sich. Tatsächlich erklärt Rossi, man müsse sich von ihm trennen, worauf der Anwalt die Pistole aus der Tasche zieht und mit ihr herumfuchtelt sowie Rossi fragt, ob er sehen könne, ob sie denn schon entsichert sei. Rossi bekommt es mit der Angst zu tun und bietet dem Protagonisten viel Geld und Teilhaberschaft an, schließlich fällt aber ein Schuss und Rossi hält sich die Hand aufs Herz. Das Publikum lobte den Text als spannende Story mit gutem Dialogen.

Es folgte Frank Dingeldey mit einer Reihe gereimter Gedichte, die sich vor allem menschliche Schwächen, zwischenmenschliche Beziehungen und Selbsterkenntnis vorgenommen hatten, wenn man etwa als Specht ein Loch in einen  Bretterzaun bohrt oder in den Wald geht und dort auf sich selbst trifft. Gedichte mit manchmal recht originellen Bildern, Menschenbilder sozusagen, manchmal erinnernd an Moritaten. Dem Publikum  gefiel der Rhythmus der Gedichte.

Eine Forelle war der Protagonist in Helmut Friderichs Text „Die zweite Begegnung“. Gefangen in einem Schauaquarium in einem noblen Fischrestaurant und beobachtet von einem dortigen Stammgast kommt der Chefkoch und packt sie, um sie zuzubereiten. Sie beißt ihn aber derartig unglücklich, dass er beim Wegreißen der Forelle von seinen Arm eine Schlagader verletzt und verblutet. Die Forelle findet ihren Weg zurück in den Fischteich beim Restaurant und dank einer großen Überschwemmung gelangt sie von dort in den Fluss und mit ihm in einen Badesee, wo sie sieht, wie der Stammgast einen Herzanfall erleidet und ertrinkt. Die Zuhörer empfanden die Geschichte als unterhaltsam und pointenreich, zumal der Zuhörer ganz am Anfang des Textes den Eindruck haben muss, es handle sich beim Protagonisten um einen Gefängnisinsassen.

Francois Bry beeindruckte das Publikum mit der Kurzgeschichte „Bleib ein Mensch“. Ein Soldat liegt am Vorabend des orthodoxen Weihnachtsfestes, also am 6. Januar im Schützengraben in einer winterlich verschneiten Freifläche, ihm gegenüber Russen in ihren Schützengräben, anderswo ist der Platz bereits voller Leichen. Man schießt sich über den Kopf, schließlich laufen eine Reihe von Russen aus ihren Schützengräben zu den Verteidigern über und der Protagonist hat Angst davor, dass sie von hinten von ihren eigenen Leuten erschossen werden

Marion Zechner präsentierte „Mammographie“, einen dichten und bilderreichen Text über eine Frau, die sich auf Anraten ihrer besten Freundin bei einer Gynäkologin einer Tastuntersuchungen der Brust unterzieht und der gezeigt wird, es benötige noch eine Mammographie, um das Ergebnis weiter abzuklären, weshalb sie sich dorthin begibt, zu einem Haus, das sie aus ihrer Jugend gut kennt, war doch dort seinerzeit die Disco, in die sie zusammen mit ihrer Freundin vergeblich versucht hatte, weil noch zu jung, mit gefälschten Ausweisen hereinzukommen. Jetzt aber kreisen ihre Gedanken um ihre Ängste und die Vergänglichkeit der Jugend. Der Text fand viel Lob bei der Zuhörerschaft.

Zum Schluss trug Gerhard Häusler unter dem Titel „das Licht der Lyrik“ solche sowie Aphorismen, nicht aber die auch angekündigte Kurzprosa vor. Ein Feuerwerk kurzer, zum Teil recht absurder, aber auch hintersinniger Texte um Rollatoren, Bauernregeln, Fantasien, Rosenblicken. Bei einigen erschloss sich aber für die Zuhörer kein Sinn mehr.

Das Publikum wählte Marion Zechner zur Tagessiegerin und Kandidatin für das Finale des Haidhauser Werkstattpreises.

Abendbericht: Rainer Kegel
Foto: Wolfram Hirche