Vier recht unterschiedliche Genres bediente Autor Knud Hammerschmidt im Münchner Literaturbüro und zeigte, dass er nicht nur ein polyglotter Allrounder und Weltenbummler ist, sondern auch ein literarischer. Mit „Und kein bisschen weise“, einem Poetry-Text, eröffnete er den Abend. Im Mittelpunkt des Textes stand das „Erwachsenwerden“, oder „Erwachsensein“, das vielleicht gar nicht so erstrebenswert ist. Wobei das Publikum im Anschluss weniger auf den Inhalt, sondern auf die Frage einging, ob es tatsächlich Poetry war, oder doch eher eine pointiert und schnell vorgetragene Glosse. Gleichgültig! Denn der Text kam gut an, abgesehen davon, dass er manchen doch zu schnell war und nicht allen Pointen gefolgt werden konnte.
Berichte
„Ameise sucht Elefant, mit viel Herz und mit Verstand“ – Abendbericht vom 17. März 2023
Und „wie endet die Geschicht: Ein Happy End, das gibt’s hier nicht.“ Zumindest nicht im Gedicht Ameise, mit dem der Autor Nöck Burmeister vor einem guten Dutzend Zuhörer sein Potpourri an Reimgedichten eröffnet. Diese handeln von Liebe, Tieren, Träumen, Erinnerungen und den Tücken des Alltags. Heiter und leicht kommen die lebendig und stimmungsvoll vorgetragenen Gedichte des 78-jährigen Autors daher. Mal geht es um die zarten Gefühle von Frau Paprika, Herrn Zucchini und anderem Gemüse im Ratatouille; mal reißt sich der achtbeinige Weberknecht ein Bein aus, um es der nur sechsbeinigen Fliege abzugeben, in die er sich verguckt hat. Oft geht es um Kleingetier wie Mücke, Laus und Regenwurm, „Spinnennetzearchitekten“ … und manch andere Insekten. Ein Gedicht allerdings fällt aus dem Rahmen, es trägt den Titel Spezialoperation und thematisiert das ernste Thema des Ukrainekriegs.
Von den Untiefen auktorialer Erzählweise – Abendbericht vom 10. März 2023
Der Autor hatte das vollständige, umfangreich-dicke Manuskript seines – unveröffentlichten – Romans „Zauberzeit“ mitgebracht und auf den Tisch gelegt. Er wolle damit belegen, erklärte er im Laufe des Abends, dass er wirklich den Roman geschrieben habe und das nicht bloß behaupte. Allerdings machte er auch mehrmals von dieser Aussage insoweit wieder einen Rückzieher, als er seinen Text wiederholt ‚Romanverdacht‘ nannte – also: Vielleicht doch kein Roman? In seinen anfänglichen biographischen Angaben wies der Autor darauf hin, dass er u.a. vom Journalismus und der Psychologie komme, ein Umstand, der im Laufe des Abends noch eine Rolle spielen würde.
Bunter Abend statt Wettbewerb – Abendbericht vom 3. März 2023
Zum offenen Abend am 3.3.2023, eigentlich gedacht als Vorauswahl für den Haidhauser Werkstattpreis, waren zwar trotz Streiks bei den öffentlichen Verkehrsmitteln zahlreiche Zuschauer erschienen aber nur zwei Autoren, die am Wettbewerb teilnehmen wollten. Dieser musste daher ausfallen.
Olfaktorisches – Abendbericht vom 24. Februar 2023
An diesem Abend trug der Autor Peter Asmodai von dem „ziemlich schräge Liebesgeschichten“ angekündigt waren, neben zwei kurzen Betrachtungen zum Thema „Krieg“im wesentlichen zwei Erzählungen vor, zunächst den langen Text „Semmelknödel“.
Ein Leben im Anzug – aber ganz anders – Abendbericht vom 17. Februar 2023
Carlos heißt der kleine Junge, dessen Anzug im Mittelpunkt des Romanprojekts von Ursula Herzog steht. Ursula Herzog war Fachlehrerin für Sport an sonderpädagogischen Einrichtungen und arbeitet mittlerweile in eigener Praxis als Physiotherapeutin, Osteopathin und Cranio-Sacral-Therapeutin.
Der Anzug hat – wie schon die Ankündigung zur Lesung vermuten lässt – nichts mit einem Kleidungsstück zu tun. Er stellt vielmehr eine Metapher dar für die Wahrnehmungsstörung des Protagonisten Carlos, um die es im Roman geht. Ist es ein Roman? Die Frage wird im Verlauf des Abends gestellt werden.
Sprache, die sich bewegt – Abendbericht vom 10. Februar 2023
Wer bei dieser Lesung nicht dabei war, hat tatsächlich etwas verpasst. Nämlich u.a. die kurzweilig-dramatischste und zugleich witzigste Erzählung über die Abgründe der deutschen Grammatik, in die freilich erwachsene nativ speaker nie, Besucher eines ‚Integrationskurses Deutsch‘ vermutlich täglich hinabblicken und schwindelnd erschaudern. Davon handelte die erste von Bunye Ngene vorgetragene Geschichte mit dem Titel „Wechselpräpositionen“. Die erste, so verriet er, die er auf Deutsch geschrieben hat. Darin versetzt er sich in eine Sprachschülerin, aus deren Perspektive eine solche Deutschstunde beschrieben wird.
Lyrik und Bluff – Abendbericht vom 3. Februar 2023
Der „offene“ Wettbewerbsabend als Vorauswahl zum 30. Haidhauser Werkstattpreis 2023 fand trotz stürmischen Winterwetters lebhaften Zuspruch beim Publikum, so dass ab 19:30 Uhr kein Platz mehr frei war – sowohl Parkett als auch Bühne waren besetzt, und es fanden sich, mit etwas Mühe auch die erforderlichen vier AutorInnen, um den Contest zu starten.
Hans-Karl Fischers fantastischer Surrealismus – Abendbericht vom 27. Januar 2023
Hans-Karl liest vier fantastische Kurzgeschichten, die an Märchen erinnern, aber auch mittelalterliche und surreale Bezüge enthalten.
Dir erste Geschichte mit dem Titel „Die Kiriche von Marandi“ handelt von der Auseinandersetzung zwischen geistlicher und weltlicher Macht. Der Kirich Som, geistlicher Führer von Marandi, wirft dem weltlichen Verwalter, dem Tanun, trotz gerichtlicher Widerlegung Ehebruch vor. Wegen dieser Verleumdung muss der Oberpriester zurücktreten, wird jedoch wider Erwartung vom designierten Nachfolger Dram unterstützt, der ihm sogar sein Haus überschreibt, damit Som wieder in die Gemeinschaft der gehobenen Bürger aufgenommen werden kann. Auch der vorgesehene Nachfolger des Nachfolgers Fanlu überträgt dem Som einen Großteil seines Vermögens. Es bildet sich eine Kaste von Oberpriestern, die sich von den anderen Priestern absondern, Feste und erotische Exzesse feiern.
Zu den Quellen! – Abendbericht vom 20. Januar 2023
Nichts weniger, als die Quellen abendländischer Philosophie zu umrunden und spielerisch zu erschließen, war das Programm des bekannten MLB-Autors Ulrich Schäfer-Newiger an diesem winterlich-verschneiten Januarabend.